Das Deutsche Kulturforum östliches Europa präsentierte sich und seine Publikationen auf der Leipziger Buchmesse 2009 | Publikum insbesondere vom internationalen Anspruch des Kulturforums angetan
Ariane Afsari
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Publikum am Stand des Deutschen Kulturforums östliches Europa
Waldemar Kowalczik, Mitbetreuer des Standes des Deutschen Kulturforums östliches Europa, erklärt Schülern das digitale Kartenprojekt des Kulturforums.
Präsentation des Essays kaliningrad, mon amour; v. l. n. r. Dolmetscherin Agnieszka Grzybkowska, Autor Andrzej Mencwel, Moderator Basil Kerski und Ariane Afsari, Deutsches Kulturforum östliches Europa
Präsentation der Neuerscheinung … und das herz wird mir schwer dabei. czernowitzer juden erinnern sichmit (v. l. n. r.) den Mitherausgebern Axel Halling und Gertrud Ranner, Gabriele Weissmann, der Tochter der Zeitzeugin Ria Gold sowie Anja Fiedler,
Die jüngste Besucherin, vertieft in eine Veranstaltungsankündigung des Kulturforums

Arno Holz (1863–1929): Erste Lerche
Zwischen
Gräben und grauen Hecken,
den Rockkragen hoch,
beide Hände in den Taschen,
schlendere ich
durch den frühen
Märzmorgen.
Falbes Gras,
blinkende Lachen und schwarzes
Brachland,
so weit ich sehen kann.
Dazwischen,
mitten in den weißen Horizont hinein,
wie erstarrt,
eine Weidenreihe.
Ich bleibe stehen.
Nirgends ein Laut. Noch nirgends Leben.
Nur die Luft und die Landschaft.
Und sonnenlos
wie den Himmel
fühle ich
mein Herz.
Plötzlich – ein Klang!
Ein zager, zarter zitternder Jubel,
der,
langsam,
immer höher
steigt!
Ich suche in den Wolken.
Über mir,
wirbelnd, schwindend, flatterdrehig,
flügelselig, kaum entdeckbar,
pünktchenschwarz,
schmetternd,
durch
immer heller strömendes Licht,
die
erste Lerche!

Dieses Gedicht wählte Burkhard Jung, Oberbürgermeister der Stadt Leipzig, bei der Eröffnung der Leipziger Buchmesse 2009 im Leipziger Gewandhaus am 11.03.2009 zum Messemotto. Weniger lyrisch gestaltete sich die Begrüßung durch Prof. Dr. Gottfried Honnefelder, Vorsteher des 1825 gegründeten Börsenvereins des Deutschen Buchhandels e.V. Er machte auf die Problematik des Urheberrechts im digitalen Zeitalter aufmerksam und wies auf die vom Börsenverein eingerichtete und betreute Datenbank www.libreka.de hin, mit der man derzeit 100.956 Bücher deutschsprachiger Verlage im Volltext durchsuchen und einige davon auch als E-Book kaufen kann. Staatsminister Dr. Johannes Beermann, der in Vertretung für den verhinderten Ministerpräsidenten des Freistaates Sachsen, Stanislaw Tillich, den Leipziger Buchpreis zur Europäischen Verständigung an Karl Schlögel übergab, betonte die Stellung Leipzigs als Bindeglied zwischen Ost und West – eine zentrale Position, bedenke man, dass im Osten die eine Hälfte unserer europäischen Identität liege. In seiner Laudatio auf Karl Schlögel rühmte Prof. Jens Reich die Verdienste des Preisträgers in seiner Rolle als gen Osten orientierter Wissens- und Verständnisvermittler. Schlögel selbst, der für sein Buch terror und traum. moskau 1937 gewürdigt wurde, war in seiner Dankesrede vor allem von der enormen Fähigkeit Russlands zur Krisenbewältigung fasziniert, die er in der jahrhundertelangen Übung in Selbstorganisation angesichts chaotischer Zustände begründet sah. Stellvertretend für das zivilgesellschaftliche Engagement in Russland nannte der Träger des vom Kulturforum vergebenen georg dehio-buchpreises 2004 die Menschenrechtsorganisation »Memorial«.

Am Stand des Kulturforums

Auch in Halle 4, in der das Kulturforum am Stand B505 vertreten war, spielte der Osten eine Hauptrolle. Neben Russland, Kroatien, Ungarn, Polen, Tschechien, Slowenien, Serbien u. a. war das Kulturforum passend platziert und profitierte vom fachkundigen Publikum. Bei vielen Besuchern fanden die Publikationen des Kulturforums sofort kenntnisreiche Leser, und häufig entwickelten sich intensive Gespräche. Bemerkenswert war die Tatsache, dass das Publikum vor allem vom internationalen Anspruch des Kulturforums angetan war – denn, so der Konsens, gerade bei der jungen Bevölkerung im östlichen Europa sei die in den jeweiligen Regionen noch mehr oder minder präsente deutsche Kultur und Geschichte weitgehend unbekannt und könne doch so gut als Vermittler zwischen den europäischen Völkern dienen.

Auf großes Interesse stießen die beiden Veranstaltungen des Kulturforums: Bei der Präsentation des Essays von Andrzej Mencwel kaliningrad, mon amour verfolgte das Publikum gespannt die Ausführungen des Autors, des bekannten Warschauer Kulturanthropologen, Ideenhistorikers und Literaturkritikers, über seine erste Begegnung mit Kaliningrad nach dem Fall des Eisernen Vorhangs. Das Gespräch zwischen ihm und Basil Kerski, Chefredakteur des Deutsch-Polnischen Magazins dialog, übersetzte Agnieszka Grzybkowska.

Die Vorstellung der letzten Neuerscheinung im Kulturforum … und das herz wird mir schwer dabei. czernowitzer juden erinnern sich begann mit einem kurzen historischen Abriss zur Stadtgeschichte Czernowitz durch Gertrud Ranner, eine der Mitherausgeberinnen des Buches. Der Titel versammelt Gespräche mit deutschsprachigen Juden aus Czernowitz. Auf ein Tonbeispiel der dem Buch beigefügten CD folgte ein Gespräch zwischen Frau Ranner und der Tochter einer der Gesprächspartnerinnen aus dem Buch, Gabriele Weissmann. Anstelle ihrer Mutter Ria Gold, die die Reise aufgrund ihres fortschgeschrittenen Alters nach Leipzig nicht antreten konnte, erzählte sie eindrucksvoll vom vielsprachigen Leben in der Kulturmetropole Czernowitz zur Zeit der Kindheit und Jugend ihrer Mutter. Am Ende der Veranstaltung begleitete eine Traube Interessierter Frau Weissmann zurück zum Stand des Kulturforums, um weitere Einzelheiten zum »Mythos Czernowitz« zu erfahren.

Die »Erste Lerche« hat sich insofern nicht nur aufgrund des Termins der Leipziger Buchmesse als gelungenes Motto erwiesen, sondern auch wegen der Assoziationen: Erwartung, Neugier und Aufbruch.

Weitere Impressionen