Die vom Deutschen Kulturforum östliches Europa und dem Forschungsinstitut für Kunstgeschichte der Ungarischen Akademie der Wissenschaften, Budapest, erstellte Ausstellung wird in Kooperation mit der Kleinen Humboldt-Galerie vom 5. Mai bis 6. Juni 2007 im Foyer des Hauptgebäudes gezeigt
Von Claudia Tutsch
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Eröffnung der Ausstellung Aspekte des ungarischen Historismus. Deutsch-ungarische Wechselbeziehungen in der Architektur in der Humboldt-Universität zu Berlin am 4 Mai 2007 um 18.00 Uhr • Mit einem kurzen, illustrierten Architekturführer zu Bauwerken des Berliner Historismus in der Umgebung des Hauptgebäudes der Berliner Humboldt-Universität

Gábor György Papp

Die Eröffnung begann mit einem einführenden Festvortrag Sinfonie einer Großstadt. Stadtbild und Stadtwerden in Budapest und Berlin zwischen 1871 und 1896 von Gábor György Papp im Senatssaal des Hauptgebäudes der Universität. Prof. Dr. Adam Labuda vom Kunsthistorischen Seminar der Humboldt-Universität, das zu dem Festvortrag geladen hatte, stellte den Referenten vor. Gábor Papp arbeitet an der Ungarischen Akademie der Wissenschaften in Budapest. Seine Forschungen in Berlin zum Historismus und speziell zum Einfluss der Berliner Architektur und der Berliner Bauakademie (später der Technischen Hochschule Charlottenburg bzw. der Technischen Universität Berlin) auf ungarische Architekturstudenten führten zur Idee und Konzeption der Ausstellung.

Constance Krüger

Im Unterschied zu Budapest, dessen Stadtbild bis heute durch die Architektur des Historismus geprägt ist, wurde ein großer Teil der Berliner Bauwerke aus dieser Epoche im letzten Krieg und danach zerstört. Lange Zeit bestimmten Desinteresse bis Abwertung den Blick auf die Architektur der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts.

Gábor Papp verglich in seinem Vortrag die städtebaulichen Konzeptionen in Budapest vor allem in den 1870er Jahren mit denen von Berlin ab den 1860er Jahren. Deutsche und Ungarn waren seit der Gründung des Ungarischen Staates durch enge kulturelle Kontakte miteinander verbunden. Im Mittelalter ließen sich deutsche Siedler in Oberungarn (heute Slowakei) und Siebenbürgen (heute Rumänien) nieder. Seit dem 17. Jahrhundert war Ungarn Teil der Habsburger Monarchie. Im 18. Jahrhundert erfolgte erneut eine große deutsche Einwanderungswelle (Banaterschwaben). Um 1850 war ein bedeutender Teil des Adels und des Bürgertums deutschsprachig. Das gilt auch für die Mehrzahl der Architekten. Im Gegensatz zu den vorangegangenen Jahrhunderten, in denen die Beziehungen zu Österreich und Süddeutschland dominierten, war in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts ein verstärktes Interesse Ungarns an der preußischen, später deutschen Hauptstadt spürbar. Ungarn war seit dem so genannten Ausgleich von 1867 ein gleichberechtigter Teilstaat innerhalb der Österreichisch-Ungarischen Monarchie. Budapest –entstanden 1873 aus dem Zusammenschluss von Buda (Ofen), Pest und Óbuda (Altofen) – wurde Hauptstadt der ungarischen Reichshälfte. In den folgenden Jahrzehnten entwickelte sich Budapest in rasantem Tempo zu einer modernen Großstadt. Es entstanden die Leopoldstadt, die Prachtstraße Andrássy út und Teile des Großen Rings. Die Theresienstadt wurde umgebaut. Antal Skalnitzky studierte als erster Ungar an der Berliner Bauakademie, ihm folgten drei Generationen von Studenten, nicht selten animiert von ihren ungarischen Lehrern, die selbst in Berlin gewesen waren. Der in Berlin und Budapest bevorzugte Neostil war in dieser Zeit die Neorenaissance. Die Berliner Architektur war Anregung und Vorbild für die Bauvorhaben der in ihre Heimat zurückgekehrten Ungarn. Die Zeitgenossen sprachen in Zusammenhang mit diesen Architekten von der »Berliner Schule« und der »Berliner Variante der Renaissance«. In der Ausstellung sind zahlreiche Beispiele zu sehen. Nach dem Vortrag von Gábor Papp entwickelte sich eine rege Diskussion.

Dr. Hanna Nogossek

Im Anschluss daran fand im Foyer die eigentliche Eröffnung der Ausstellung statt. Constance Krüger, Vorsitzende des Fördervereins der Kleinen Humboldt Galerie, charakterisierte kurz die Konzeption der Präsentation der Ausstellung und verwies darauf, dass sich einige Gebäude, die den ungarischen Studenten Anregung und Vorbilder gewesen sein könnten, in unmittelbarer Nähe bzw. nicht weit entfernt von der Humboldt Universität befinden. Auf der Museumsinsel steht u.a. das Neue Museum von Friedrich August Stüler, der auch den Entwurf für den Palast der Ungarischen Akademie der Wissenschaften in Budapest schuf. Das Treppenhaus des Neuen Pester Rathauses von Imre Steindl, das in der Ausstellung zu sehen ist, erinnert an das des Gebäudes, in dem sich heute das Kunsthistorische Seminar der Humboldt Universität befindet.

Dieses und die folgenden Fotos: © Deutsches Kulturforum östliches Europa

Dr. Hanna Nogossek, Direktorin des Kulturforums, beschrieb in ihrer Begrüßung wie bei einem Gespräch, das sie mit dem Direktor der Ungarischen Akademie der Wissenschaften geführt hatte, die erste Idee zu der Ausstellung geboren wurde.

Die Begrüßungsreden wurden musikalisch gerahmt von der Querflötistin Herle Boy mit Stücken von Albert Franz Deppler (Fantasie Pastorale Hongroise, letzter Teil, Allegro) und Carl Philipp Emmanuel Bach (Poco Adagio aus der a-moll Sonate für Solo-Flöte). Die Eröffnung klang bei einem Glas Wein und Gesprächen über den Berliner und Ungarischen Historismus aus.

Die vom Deutschen Kulturforum östliches Europa und dem Forschungsinstitut für Kunstgeschichte der Ungarischen Akademie der Wissenschaften, Budapest, erstellte Ausstellung wird in Kooperation mit der Kleinen Humboldt-Galerie vom 5. Mai bis 6. Juni 2007 im Foyer des Hauptgebäudes gezeigt.

Für Ausstellungsbesucher: Bauwerke des Berliner Historismus in der Umgebung des Hauptgebäudes der Berliner Humboldt-Universität

Universitätsbibliothek, heute Kunsthistorisches Institut
Dreigeschossiger, der Schinkelschule verpflichteter Backsteinbau, 1871–74 von Paul Emmanuel Spieker u. Karl Albert Fritz Zastrau errichtet.
Dorotheenstr. 28

Naturwissenschaftliche und technische Institutsgebäude der Friedrich-Wilhelms-Universität
Gebäudekomplex in der Tradition der Schinkelschule, 1873–83 nach Entwürfen von Paul Emmanuel Spieker (Mitarbeit Karl Albert Fritz Zastrau u. Friedrich Kleinwächter) erbaut.
Dorotheenstr. 94-96

Ev. Dom Berlin
Die ehemalige Hof- und Grabkirche der Hohenzollern wurde ab 1885 nach Entwürfen von Julius Raschdorff erbaut. Die Ausführung als Kolossalbau 1893–1905 durch Raschdorff und seinen Sohn Otto erfolgte in Anlehnung an Vorbilder der italienischen Hochrenaissance und des Barock.
Am Lustgarten

S-Bahnhof Hackescher Markt
1878–82 nach einem Entwurf von Johannes Vollmer als Bahnhof Börse der Stadtbahnlinie über dem zugeschütteten Festungsgraben errichtet. Die Bahnsteighalle mit eisernen Bogenträgern und zweigeschossigem Außenbau ist weitgehend im ursprünglichen Zustand erhalten.

Postfuhramt
1875–81 von Carl Schwatlo und Wilhelm Tuckermann errichtet. Die Fassaden mit roten und gelben Klinkern verblendet im spätklassizistischen Rundbogenstil der Schinkel-Nachfolge, angelehnt an Vorbilder der oberitalienischen Frührenaissance.
Oranienburger Str. 35/36

Museum für Naturkunde, Geologische Landesanstalt und Bergakademie sowie
Landwirtschaftliche Hochschule

Seit 1874 von August Tiede einheitlich geplant und bis 1889 in historisierenden Renaissanceformen ausgeführt. Die drei Gebäude sind an der Hauptschauseite um einen ehrenhofartigen Vorplatz gruppiert.
Invalidenstr. 42–44

Links die Geologische Landesanstalt und Bergakademie, 1875–78 errichtet, nordwestlicher Flügelbau 1890–92 von Fritz Laske. Nach Kriegsbeschädigung 1945 vereinfacht wiederhergestellt, heute Bundesministerium für Verkehr-, Bau- und Wohnungswesen.

In der Mitte das 1883–89 entstandene Naturkundemuseum, heute der Humboldt-Universität zugehörig.

Rechts die 1876-80 entstandene Landwirtschaftliche Hochschule, heute Institutsgebäude der Humboldt-Universität.

Südlich der Straße Unter den Linden Richtung Potsdamer Platz:

Dresdner Bank und Pommersche Hypotheken-Aktienbank
Dresdner Bank, später Berliner Staatsbank, 1887–89 von Ludwig Heim begonnen und bis 1910 mehrfach erweitert. Monumentaler, dreigeschossiger Bau im Stil römischer Hochrenaissance. Heute Hôtel de Rome.
Daneben die Pommersche Hypotheken-Aktienbank und Immobilien-Verkehrsbank, 1895–97 von Wittling & Güldner erbaut. Das Gebäude ist in der Gestaltung dem der Dresdener Bank sehr ähnlich. Fassadenschmuck beider Bauten 1925 wurden stark reduziert.
Behrenstr. 35–39

Generaltelegrafenamt
Ältester erhaltener Postgroßbau in Berlin, 1864 von Will Salzenberg und Adolph Lohse als erstes Amt dieser Art in Deutschland errichtet, 1877/78 von Carl Schwatlo erweitert, 1902 um vier Achsen ergänzt. Zur Jägerstraße Sandsteinfassade in Anlehnung an venezianische Renaissancepaläste.
Jägerstr. 42–44/Oberwallstr. 42

Kaiserliches Generalpostamt und später Reichspostmuseum, heute Museum für Kommunikation
871–1874 von Carl Schwatlo, südliche Hofanlage in klassizistischen Formen der Schinkelschule erhalten. 1893–98 großer Erweiterungsbau für die Oberste Postdirektion und das Postmuseum Leipziger Str./Mauerstr. von Ernst Hake unter Mitwirkung von Franz Ahrens und Heinrich Techow. Dreigeschossige Gebäude im Stil der italienischen Hochrenaissance. Die aufwendige neubarocke Fassadengestaltung der Gebäudeecke ist ein bedeutendes Beispiel wilhelminischer Architektur.
Mauerstr. 69–75/Leipziger Straße

Preußischer Landtag,

bestehend aus Preußischem Herrenhaus
1899 bis 1904, seit 1999 Sitz des Bundesrats,
Leipziger Str. 3–4,

und dem Preußischen Abgeordnetenhaus,
heute Berliner Angeordnetenhaus, 1892–1879
Beide Gebäude von Friedrich Schulze. Sandsteinverkleidung im Stil der Neurenaissance. Die dreiflügelige Anlage des Herrenhauses bildet einen aus der Schlossbaukunst entlehnten Ehrenhof. Der Landtag lehnt sich an italienische Adelspaläste des 16. Jahrhunderts an.
Niederkirchnerstr. 5

Gegenüber dem Berliner Abgeordnetenhaus:

Martin-Gropius-Bau, ehem. Kunstgewerbemuseum
1877–81 von Gropius & Schmieden errichtet. 1945 schwer zerstört, 1978–89 Wiederaufbau Heute Ausstellungshaus und Sitz verschiedener Kultureinrichtungen.
Stresemannstr. 110

Aspekte des ungarischen Historismus
Deutsch-ungarische Wechselbeziehungen in der Architektur