Die Erforschung, Aufarbeitung und Bewahrung von Kultur und Geschichte der Deutschen im östlichen Europa wurden in Vorträgen und bei einer Podiumsdiskussion präsentiert und diskutiert. Museen und Forschungseinrichtungen stellten sich vor
Am 20. September 2004 eröffnete Staatsministerin Dr. Christina Weiss das von ihr veranstaltete Symposium. In ihrer Eröffnungsrede betonte die Staatsministerin, dass die gemeinsame Zukunft nur vorbereitet werden könne, wenn man sich der gemeinsamen Vergangenheit vergewissere. Aus der Vergangenheit sollten keine Forderungen für die Gegenwart abgeleitet werden; es gehe vielmehr darum, dass sich die Deutschen gemeinsam mit ihren Partnern in Polen, Tschechien, Ungarn, Rumänien oder den baltischen Staaten mit der gemeinsamen Geschichte auseinandersetzen, die gemeinsame Kulturgeschichte akzeptieren und so einen Beitrag zur Versöhnung leisten. Die Bundesregierung arbeite daher an einem »Netzwerk Erinnerung und Solidarität« auf europäischer Ebene, das nicht nur auf Flucht und Vertreibung im 20. Jahrhundert spezialisiert bleiben solle, sondern die Erinnerung an das nationalsozialistische Regime und die kommunistischen Diktaturen ebenso beinhalten müsse wie die Suche nach den historischen Wurzeln des Nationalstaates und der Wahnvorstellung seiner ethnischen Homogenität.
Prof. Dr. Matthias Weber vom Oldenburger Bundesinstitut für Kultur und Geschichte der Deutschen im östlichen Europa gab in seinem Vortrag Kultur und Geschichte der Deutschen im östlichen Europa – Sicherung, Erforschung und Präsentation durch die Bundesregierung einen Überblick über Entwicklung, Stand und Perspektiven der bundesgeförderten Arbeit auf diesem Gebiet.
Prof. Dr. Karl Schlögel (Europa Universität Viadrina, Frankfurt/O.) widmete sich in seinem Vortrag mit dem Titel Von der nationalen ›Ostforschung‹ zur integrierenden Ostmitteleuropaforschung den gravierenden Wandlungen in der Betrachtung der deutschen Geschichte im östlichen Europa weg von einem Blickwinkel deutscher Dominanz und einseitiger deutscher Einflussnahme auf die Kultur der Nachbarvölker hin zu einer Perspektive, die sich von einer verengten nationalen Wahrnehmung gelöst hat.
Frau Prof. Dr. Anna Wolff-Powęska vom Instytut Zachodni/West-Institut in Poznań/Posen zeigte in Ihrem Beitrag Belastungen und Chancen: Paradigmenwechsel in der Wahrnehmung von Regionen mit mehrfacher Identität auf, dass es auch in Polen zu einem deutlichen Wandel in der Betrachtung der Geschichte und Kultur der West- und Nordgebiete gekommen ist, die sich von einer polonozentrischen Betrachtungsweise gelöst habe. Dies werde nicht nur in Wissenschaft und Politik deutlich, sondern auch in einer Vielzahl von Einzelinitiativen, die sich zur Aufgabe gemacht haben, den hinterlassenen Kulturgütern und der gesamten Kulrurlandschaft ihren europäischen Glanz zurückzugeben. Aber auch diese positiven Entwicklungen seien nicht ungetrübt von gegenläufigen Tendenzen auf polnischer Seite, deren Ursachen aber zum Teil auch in Deutschland zu suchen seien.
In einer Podiumsdiskussion zum Abschluss des Symposiums wurden Rückblicke und Ausblicke auf den Umgang mit der »Gemeinsamen Geschichte« und dem »Gemeinsamen Kulturerbe« in einem neuen Europa diskutiert. Auf dem Podium saßen Prof. Ingeborg Fiala-Fürst (Lehrstuhl für Germanistik der Palacký-Universität Olmütz/Olomouc), Heribert Rech, MdL (Innenminister des Landes Baden-Württemberg), Dr. Andreas Lawaty (Direktor des Nordost-Instituts, Lüneburg) und Dr. Knut Nevermann (Ministerialdirektor bei der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien). Moderiert wurde die Diskussion von Thomas Roth (ARD-Hauptstadtstudio).
Wie schwierig der Umgang mit dem gemeinsamen Erbe noch heute ist, wurde daran deutlich, dass die Podiumsdiskussion in großen Teilen von Fragen in Zusammenhang mit dem vom Bund der Vertriebenen geplanten Zentrum gegen Vertreibungen und den Bestrebungen der Preußischen Treuhand beherrscht wurde.
Der Originalton der Diskussion wird in Kürze an dieser Stelle als Audio-Stream veröffentlicht.
Parallel zu den Vorträgen präsentierten sich die bundesgeförderten Museen und Institute zu Geschichte der Deutschen im östlichen Europa mit Infoständen, außerdem wurde ein Film gezeigt, der die Sammlungen und die Arbeit der Museen und Institute in Kurzporträts vorstellt. (Veröffentlichung als Video-Stream in Kürze). Ebenso wurde – als historisches Zeitzeugnis – der 1963 von Hansjakob Stehle gedrehte Film Deutschlands Osten – Polens Westen vorgeführt.
Gemeinsames Kulturerbe als Chance
Die Deutschen und ihre Nachbarn im östlichen Europa