Kurz nacheinander sind drei Bücher im Klagenfurter Wieser Verlag erschienen, denen es gelingt, die wechselvolle Geschichte der Wojwodina (Serbien) anschaulich einzufangen. Dabei steht vor allem Neusatz/Novi Sad/Újvidek, die Kulturhauptstadt Europas 2022, im Fokus der spannenden Romangeschehen. Autor ist der 1941 in der Wojwodina geborene ungarischsprachige Schriftsteller László Végel. Wie seinerzeit Aleksandar Tišma, setzt er in seiner Prosa der Stadt, die seit Jahrzehnten sein Lebensmittelpunkt ist, ein literarisches Denkmal: Neoplanta – so der Name in der lateinisch verfassten Gründungsurkunde, die Maria Theresia unterschrieb.
Bis heute erzählen sich die Chronisten, dass im Jahr 1748 Deutsche, Serben, Ungarn sowie die vielen anderen hier lebenden Nationalitäten ihre Ersparnisse zusammenlegten und nach Wien reisten, um den Titel einer Königlichen Freistadt für ihren Heimatort zu erwerben. Zwar hatten sie keinen Namen für ihre an der Donau gelegenene Stadt, doch auch das erwies sich als eine gute Fügung. Die österreichische Erzherzogin war von ihrem Zusammenhalt und ihrer Entschlossenheit so beeindruckt, dass sie den Namen selbst bestimmte: »Ihr Name sei Neoplanta, aber jedes Volk soll sie in seiner eigenen Sprache benennen.« So kam es, dass die Deutschen den Ort »Neusatz«, die Serben ihn »Novi Sad«, die Ungarn ihn »Újvidék« nannten.
Ihre Majestät wünschte sich, die vielen Nationalitäten mögen weiterhin friedlich Seite an Seite leben. Neoplanta wurde ein Musterbeispiel für eine multiethnische Stadt im südöstlichen Europa. Doch leider folgten auf die guten Zeiten der Gründungsväter historische Epochen, die sich verhängnisvoll auf das Zusammenleben der vielen ethnischen Gruppen auswirkten und in der die dort gelebte »Vielfalt in Einheit« oft bedroht war. Kränkungen, Kriege und Konflikte, ständige Macht- und Regimewechsel: Bis zum Ende des 20. Jahrhunderts sollte diese Region am Rande Europas nicht zur Ruhe kommen.
Über die »unbegrabenen Vergangenheiten« unterhält sich Walter Famler, Leiter des Kunstvereins Alte Schmiede Wien, mit László Végel
Konsekutives Dolmetschen
Emese Dallos
László Végel, geb. 1941 in der Wojwodina als Angehöriger der ungarischen Minderheit, Studium in Neusatz/Novi Sad/Újvidék sowie in Belgrad/Beograd, Journalist, Autor von Drehbüchern, Bühnenstücken, Essays und Romanen. Auf Deutsch u. a. erschienen: Bekenntnisse eines Zuhälters (Roman), Exterritorium. Szenen vom Ende des Jahrtausends (Kriegstagebuch), Sühne. Texte unterwegs (Essays). Zahlreiche Preise & Auszeichnungen.
László Végels jüngst in deutscher Sprache erschienene Trilogie:
Neoplanta oder das Gelobte Land. Stadtroman. Aus dem Ungarischen übersetzt von Christina Kunze, Wieser Verlag, Klagenfurt 2022, 351 Seiten, 21,- €, ISBN: 978-3-99029-536-6
Balkanschönheit oder Schlemihls Bastard. Aus dem Ungarischen übersetzt von Christina Kunze, Wieser Verlag, Klagenfurt 2023, 386 Seiten, 24,- €, ISBN: 978-3-99029-586-1
Unsere unbegrabene Vergangenheit. Aus dem Ungarischen übersetzt von Christina Kunze, Wieser Verlag, Klagenfurt 2024, 24,- €, 380 Seiten, ISBN: 978-3-99029-657-8
Eine Veranstaltung des Deutschen Kulturforums östliches Europa in Zusammenarbeit mit der Alten Schmiede Wien und dem Collegium Hungaricum Wien
Das Kulturforum wird gefördert von der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien.
Datum | Di, 11.02.2025 |
Zeit | 19:00 Uhr |
Eintritt | frei |
Barrierefrei | Nein |
Alte Schmiede – Kunstverein Wien
Schönlaterngasse 9, 1010 Wien, Österreich
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