Die berühmte Potemkinsche Treppe, die evangelische Kirche St. Paul mit ihrer bewegten Geschichte, Straßenzeilen mit Fassaden, die man auch aus anderen europäischen Städten kennt, ein wunderbarer Strand – so der erste Eindruck von der südukrainischen Hafenstadt Odessa, malerisch, aber auch strategisch gut gelegen am Schwarzen Meer.
Das Wahrzeichen der Stadt: das opulente neobarocke Opernhaus. Auch seine Formen scheinen vertraut. Dies ist kein Zufall, denn gebaut wurde es vom Wiener Architekturbüro Fellner & Helmer, das knapp fünfzig weitere Theater- und Opernhäuser im mitteleuropäischen Raum entwarf. Das Kulturleben der von Anfang an multikulturellen Stadt war schon immer eng mit dem Geschehen in Mittel- und Westeuropa vernetzt und blieb zugleich immer verbunden mit der Tradition der Region.
In ihrem Vortrag im Kunstforum Ostdeutsche Galerie stellt Kulturwissenschaftlerin Liana Bala-Kryshevska M.A. Odessa als wichtiges Kunstzentrum vor. Besonders hebt sie zwei Phasen hervor, in denen die Stadt zum Brennpunkt europäischer Avantgardebewegung wurde: die Zeit um 1910 bis zum Ersten Weltkrieg und die 1970er und 1980er Jahre, die von der Kunstbewegung der Nonkonformisten bestimmt wurden.
Den Auftakt macht Liana Bala-Kryshevska mit der Gründungsgeschichte von Odessa im ausgehenden 18. Jahrhundert. Die geopolitische Situation im Schwarzmeergebiet ist nämlich ein wichtiger Schlüssel, um die kulturelle Entwicklung der Stadt zu verstehen. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts waren es insbesondere die »Salons von Vladimir Izdebskiy«, in denen Werke führender Persönlichkeiten der zeitgenössischen europäischen Kunst zu sehen waren. In den Jahren 1909 bis 1911 stellten hier unter anderem Paul Bonnard, Georges Braque, Gabriele Münter, Wassily Kandinsky oder Henry Matisse aus. Eine weitere wichtige Schau dieser Zeit war die »Frühlingsausstellung« 1914. Auch hier war Kandinsky, der in Odessa aufgewachsen war und immer wieder hierher zurückkehrte, mit wichtigen Werken vertreten.
Bei ihren Ausführungen zur zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts lenkt Liana Bala-Kryshevska den Blick auf die ukrainischen Nonkonformisten. Die Künstlerinnen und Künstler dieser Strömung einte ihre Einstellung gegenüber der offiziellen Malerei, dem sozialistischen Realismus, den sie ablehnten. Obwohl sie deshalb im Untergrund wirkten, prägten ihre künstlerischen Ansätze die Kunstentwicklung in der Südukraine entscheidend. Von hier aus schlägt die Referentin den Bogen bis hin zur aktuellen Kunstszene in Odessa.
Die Kulturwissenschaftlerin Liana Bala-Kryshevska M.A., geboren in Uman (Ukraine), studierte Musikwissenschaft und Philosophie in Odessa. Als Dozentin war sie an der Musikakademie Odessa und an der Pädagogischen Universität Odessa tätig. Als Kulturmanagerin liegt ihr Schwerpunkt auf der zeitgenössischen Kunst. Sie arbeitete unter anderem für das Deutsche Kulturzentrum des »Bayerischen Hauses Odessa«. Weitere Projekte setzte sie in Zusammenarbeit mit dem GoetheInstitut, dem Institut für Auslandsbeziehungen sowie dem Deutschen Kulturforum östliches Europa um. Zurzeit bereitet sie ihre Promotion im Fach Philosophie an der LMU München vor.
Moderation: Dr. Klaus Harer, Deutsches Kulturforum östliches Europa, Fachreferat Musik – Länderreferat Osteuropa
frei
Über die Website des Museums kann man sowohl einen Platz im Museum reservieren, als auch die Zugangsdaten für den Live-Stream anfragen.
Eine Veranstaltung des Kunstforums Ostdeutsche Galerie in Zusammenarbeit mit dem Deutschen Kulturforum östliches Europa und mit Unterstützung der Freunde und Förderer des Kunstforums Ostdeutsche Galerie
Das Kulturforum wird gefördert von der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien
Datum | Di, 26.04.2022 |
Zeit | 19:00 Uhr |
Eintritt | Kostenfrei |
Barrierefrei | Nein |
Kunstforum Ostdeutsche Galerie Regensburg
Dr.-Johann-Maier-Straße 5, 93049 Regensburg, Deutschland
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