Zwischen Krakau und Karpaten
Mit dem Zug durch Galizien. Aus der Reihe »Länder – Menschen – Abenteuer«

Zwischen Krakau und Karpaten Platzhalterdarstellung für ausgewählte Veranstaltungen

Galizien, das Gebiet zwischen Weichsel und den Hängen der Waldkarpaten, war einmal ein kulturelles Zentrum Europas. Die Hauptstadt Lemberg wurde auch »kleines Wien« oder »Jerusalem des Ostens« genannt. Im frühen 20. Jahrhundert fiel das Land auseinander. Die Region ist heute noch geografisch Mittelpunkt des europäischen Kontinents.

Das ehemalige Kronland Galizien teilt sich zwischen Polen und der Ukraine auf. Auf einer Zugfahrt durch Galizien wird deutlich, wie Polen, Deutsche, Ukrainer dieses Land geprägt haben. Heute reist man langsam, denn das Streckennetz ist alt und marode.

Ganz am westlichen Rand Galiziens liegt die Hohe Tatra, wo die Gipfel bis zu 2500 Meter steil emporragen, mit dem Hauptfluss Dunajec im heutigen Polen. In einigen Dörfern am Fluss gibt es eine Tradition, die immer noch vom Vater auf den Sohn weitergegeben wird: das Flössen. Grzegorz Chmiel ist Mitte 30 und möchte von seinem Vater alle Tricks lernen, um im Strom zurechtzukommen und um seine Prüfung zu bestehen. Früher wurden viele Waren über den Fluss transportiert. Jetzt werden auf dem Dunajec vor allem polnische Touristen gefahren. Für einen Flößer gilt: kurze Haare, keine Bärte, das Tragen von Hut und Weste sind Pflicht.

Weiter östlich an den Hängen der ukrainischen Karpaten lebt ein geheimnisvolles Bergvolk: die Huzulen. Niemand weiß genau, woher sie kamen. Viele vermuten, wohl ursprünglich aus der Mongolei. Sie sprechen eine Art Russisch mit rumänischer Färbung. Viele sind sehr geschickte Handwerker, wie der über 80-jährige Mykhaylo Tofiychuk, der in einem alten Holzhaus zurückgezogen lebt. Er ist der letzte Musikinstrumentenbauer der Huzulen, sagt er zumindest. Geboren ist er als Pole, die meiste Zeit war er Bürger der Sowjetunion und nun ist er Ukrainer. Seine größte Hoffnung ist es, dass seine junge Enkeltochter Marichka auch Handwerkerin wird.

Erst die Österreicher haben mit der Eisenbahn die Waldkarpaten erschlossen. Auch in die entlegensten Ecken haben sie eine Schmalspurbahn gebaut. Viele dieser Strecken werden jedoch schon lange nicht mehr befahren. Dazu gehört die Strecke nach Königsfeld. Königsfeld im Theresiental ist eine deutsche Enklave in einem unzugänglichen Teil der Karpaten. Zu Zeiten der Kaiserin Maria Theresia wurden hier österreichische Waldarbeiter angesiedelt. Sie nannten sich Schwaben-Deutsche und sind bis heute ihrer Kultur und ihrer Sprache treu geblieben. So wie Imre Gorbas, er ist Mitte 60 und hat sein ganzes Leben hier verbracht. Imre redet noch in einem Dialekt, der in Österreich vor 200 Jahren gesprochen wurde. Jeden Sonntag gehen er und die deutschen Gemeindemitglieder in ihre katholische Kirche. Der Priester spricht Ukrainisch und die Gemeinde antwortet auf Deutsch.

Weit oben in den Karpaten steht der Stolz der österreichischen Eisenbahnbaukunst: das Viadukt von Worochta, über das allerdings schon lange keine Züge mehr fahren. Hier liegt das heruntergekommene ukrainische Olympiazentrum der Skispringer. Doch das hält den alten Olympioniken Vasyl nicht davon ab, den Nachwuchs auszubilden. Vasyl ist ein Meister der Improvisation! Was andere Olympiazentren an technischer Ausstattung haben, versucht der Mittsechziger mit Ideenreichtum wettzumachen. Die drei großen Schanzen, die einst den Ruf des »weißen Mekkas der Sowjetunion« begründeten, sind baufällig. Trotzdem trainieren die jungen Sportler hart und hoffen auf eine bessere Zukunft im ehemaligen Galizien.

Ein Film von Michael Höft, 2022, ca. 45 Min.

Zwischen Krakau und Karpaten – Mit dem Zug durch Galizien
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