Karlsbad - ein altehrwürdiger Ort in der Mitte Europas, an dem die ganze Welt genesen will. Ob Kaiser oder Könige, Reiche oder weniger Betuchte – das Versprechen Karlsbad geheilt oder wenigstens erholt zu verlassen, gehört noch heute zum positiven Grundrauschen dieses Böhmischen Kurortes.
Am Anfang ist es die heilende Kraft des Wassers, die diesen Ort besonders macht. Über die Jahrhunderte jedoch wird das Böhmischen Tal an der Tepla zu einer der interessantesten Bühnen der Gesellschaft. Pracht und Glanz dieses Ortes sind bis heute geblieben – weniger sichtbar die Narben dahinter. Sie erzählen vom Trauma der Bewohner, von Vertreibung, Antisemitismus und Zwangsarbeit. Die über 500-jährige Geschichte einer der wichtigsten Dynastien in Karlsbad ist ebenso erfolgreich wie tragisch – die der Bechers. Berühmt werden sie mit einem Kräuterlikör, dem Karlsbader Becherbitter. Im Frühjahr 1945 ist es Hedda Baier, geborene Becher, die das Familienunternehmen führt. Ihre Tochter Charlotte ist damals ein Jahr alt, als die Mutter verzweifelt versucht, ihre Familie und das Unternehmen in Karlsbad zu retten. Schließlich jedoch gehören sie mit zu den ca. drei Millionen Sudetendeutschen, die ihre Heimat verlassen müssen. Im 19. Jahrhundert waren es vor allem jüdische Unternehmer, die das neue Antlitz Karlsbads prägten. Alfred Schwab baut das berühmte Hotel Imperial, Ludwig Mosers Kristallglasfabrik wird zur Marke in Europa. Und neben einem Jüdischen Hospital entsteht 1877 die prächtige Synagoge in der Parkstraße. In der Nacht des 9. November 1938 wird sie niedergebrannt.
Zehn Jahre später wird Pavel Rubin in Karlsbad geboren. Er ist heute Vorsitzender der Jüdischen Gemeinde. Vor dem Zweiten Weltkrieg gab es 2.600 Mitglieder der Jüdischen Gemeinde, nur 26 kehren als Überlebende des Holocausts zurück. Noch etwas verbindet Glanz und Trauma an diesem außergewöhnlichen Ort – Uranerz. Mit dem Wettlauf um den Bau der Atombombe wird der Segen des heilenden Radonwassers zum Fluch für Tausende Arbeitssklaven, die in die Minen gezwungen werden. Von ihren Lagerbaracken aus sehen sie die Lichter der Kurstadt. Karlsbad – ein Ort, in den die Geschichte ihre Wunden geschlagen hat.
Ein Film von Galina Breitkreuz, 2021, ca. 45 Min.
Geheimnisvolle Orte: Karlsbad – Glanz und Trauma eines Kurortes
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