Einsendeschluss für Beiträge ist der 30. September 2006
»Deutschland und Polen – ein Begriffspaar, das neben der aktuellen Debatte rund um das Zentrum gegen Vertreibungen und der ›Kartoffel‹- Kaczyńskis vor allem aus historischer Perspektive Probleme geradezu anzuziehen scheint. Keine Region dürfte dabei die Probleme, aber auch die Möglichkeiten dieser häufig problembeladenen Beziehungen besser symbolisieren als die Region Oberschlesien. Sich immer wieder verändernde Grenzen und teils freiwillige, teils aber auch politisch gesteuerte Siedlungsströme sorgten dafür, dass die Region über die Jahre zu einem ›cultural melting pot‹ wurde. Oberschlesien ist aber mehr als eine historisch-politisch bedeutsame Region, es ist gleichzeitig Schauplatz für die Werke eines der bedeutendsten Autoren der Region des 20. Jahrhunderts: Horst Bienek.
Auch wenn der gebürtige Gleiwitzer seine Heimat nach dem Kriegsende 1945 verlassen musste und nach Deutschland übersiedelte (wobei dieser Weg über das stalinistische Lager im sibirischen Workuta führte), setzte er ihr später ein literarisches Denkmal. Für Horst Bienek blieb Gleiwitz immer die Stadt seiner Kindheit, einer Kindheit, die er im multikulturellen Umfeld des deutsch-polnischen Grenzlandes erlebt hatte. Auf einmalige Weise wusste er die Atmosphäre, die Geräusche, ja sogar die Gerüche der Stadt wiederzugeben. Und das zu einer Zeit, in der die Stadt in der ihm bekannten Form längst nicht mehr existierte. Das Gleiwitz seiner Kindheit und frühen Jugend war eine Stadt, in der man sich – gleich welche Sprache man sprach oder in welche Kirche man ging – heimisch fühlte. Die Werke Horst Bieneks besitzen also einen breiten Bedeutungshorizont. Mit der Darstellung seiner Heimat zu Zeiten politischer Wirren eröffnen sie gleichzeitig eine Perspektive auf zeitgenössische Themen: Die Möglichkeit des Zusammenlebens verschiedener Ethnien und die Bedeutung einer regionalen Identität für diesen Prozess. Insbesondere im Zuge eines zusammenwachsenden Europas und der zunehmenden Migration sind Bieneks Werke also weit mehr als literarisierte Geschichte, sie bieten vielmehr die Möglichkeit, aus der Geschichte zu lernen!
Mit dem im folgenden skizzierten Wettbewerb Wir suchen einen neuen Horst Bienek verbindet sich also zweierlei: Sich zum einen mit dem Werk Horst Bieneks und der jüngeren Geschichte der Stadt Gliwice und der Region Oberschlesien auseinander zu setzen und sich zu einer eigenen literarischen Arbeit anregen zu lassen. Mögliche Themenschwerpunkte könnten u.a. die folgenden Fragen bilden:
- Was ist von der alten Grenzlandtradition übrig geblieben?
- Wie betrachten junge Oberschlesier ihre Heimatstadt heute?
- Wie stellt sich im regionalen und natürlich auch im familiären Kontext der deutsch-polnische Bezug dar?
- Ist das, was früher war, heute überhaupt noch von Bedeutung?
Für weitere Informationen steht Katarzyna Sekula vom Haus der Deutsch- Polnischen Zusammenarbeit, ul. Rybnicka 27, 44-100 Gliwice unter der Telefonnummer (0-32) 232 49 02 -105 oder per E-Mail unter
Partner des Projekts: Generalkonsulat der Bundesrepublik Deutschland in Breslau, Selbstverwaltung der Stadt Gliwice«
(Quelle: Haus der Deutsch-Polnischen Zusammenarbeit)