Meine Erinnerung an den großen deutschen Maler Bernhard Heisig
Helmut Schmidt

Die Zeit • 15.06.2011

[…] Wer 1925 in Breslau geboren und dort aufgewachsen ist, der konnte als Halbwüchsiger 1942 sehr leicht auf die damalige Heldenpropaganda hereinfallen. Es war eifernde Überheblichkeit, Heisig Jahrzehnte später die freiwillige Meldung zur Waffen-SS vorzuwerfen. Es war westdeutsche Überheblichkeit, ihm vorzuwerfen, er sei ein Staatskünstler der DDR gewesen; sogar als Spitzel hat man ihn verleumdet. Tatsächlich haben wir einen sehr deutschen Lebensweg vor uns. Er war nacheinander zwei extremen Obrigkeiten unterworfen; jedoch hat er keinem seiner Mitmenschen geschadet. Gewiss hat er sich angepasst, er ist mancherlei Kompromisse eingegangen. Er war ja doch kein Held, auch kein Widerstandskämpfer. Sondern vielmehr war er vor allem anderen ein besessener Maler. […]