Kilian Kirchgessner

Rheinischer Merkur № 35 • 02.09.2010

Bratislava/Pressburg. Im 19. Jahrhundert prägte der Rabbiner Chatam Sofer das jüdische Leben in der slowakischen Hauptstadt. Heute streitet sich die Gemeinde um den Umgang mit seinem Erbe. Während die Orthodoxen sich abschotten wollen, möchten die Liberalen ihre Gemeinschaft stärker nach außen öffnen.

Die Frontlinie, die die jüdische Gemeinde von Bratislava in zwei Lager spaltet, lässt sich ein paar Minuten außerhalb des Stadtzentrums besichtigen. Dort fließt die Donau träge und breit an Bootsanlegestellen vorbei, auf einer Anhöhe erhebt sich die wuchtige Burg mit ihren vier markanten Türmen, im Hintergrund stapeln sich die Plattenbauten bis zum Horizont. Hier, gleich neben der Schnellstraße, hat jemand einen mannshohen Zaun in den Boden betoniert, dessen Metallstäbe nach oben hin spitz zulaufen. »Dies ist ein heiliger Ort«, steht auf einem Schild, und um Missverständnisse zu vermeiden, ist es in vier Sprachen geschrieben, auf Hebräisch, Englisch, Deutsch und Slowakisch. So wie das Schild dort steht, wird gleich klar, dass es keine Einladung ist. Es ist eine Warnung, ein unmissverständliches Komm-mir-nicht-zu-nah. […]