Am kommenden Donnerstag erhält Herta Müller in Stockholm den Literaturnobelpreis. In ihrer rumänischen Heimat wird das zwiespältig bewertet. Wie fast alles, was seit dem Umsturz von 1989 geschah.
Norman Manea

Frankfurter Allgemeine Zeitung • 05.12.2009

[…] William Totok, ein alter Freund und Geistesbruder der Preisträgerin, seines Zeichens rumäniendeutscher Schriftsteller, der als Dissident von den kommunistischen Behörden eingesperrt worden war und heute in Berlin lebt, bezeichnete jüngst Herta Müllers Nobel-Ehrung zwar als ›Denkmal für alle, die unter Diktaturen welcher Farbe auch immer gelitten haben‹, unterstrich jedoch auch, dass die rumänische Herkunft der Schriftstellerin ein ›biographischer Zufall‹, eine ›strikt geographische Angelegenheit‹ und keineswegs relevant für die Kultur und Literatur Rumäniens sei. Noch drastischer äußert sich der bedeutendste rumänische Dissident, der in Paris lebende Schriftsteller Paul Goma: ›Herta Müllers Nobelpreis bedeutet für Rumänien gar nichts.‹ […]