Rezension | Wilhelm von Sternburg: Joseph Roth
Roman Luckscheiter

Frankfurter Allgemeine Zeitung • 27.05.2009

[…] So hat Roth zwar zeit seines Lebens nie ein Gefühl von Zugehörigkeit entwickelt, ist dadurch aber paradoxerweise zu einem der erhellendsten Zeitgenossen der zwanziger und dreißiger Jahre geworden. Die Rolle des partizipierenden Außenseiters gehört zu den konstitutiven Elementen seiner unsteten, vom Exil geprägten Vita und seines literarischen Werks. Die Biographie, die Wilhelm von Sternburg zu seinem siebzigsten Todestag vorgelegt hat, macht das noch einmal deutlich: Heimat erwies sich für den Sohn einer jüdischen Familie aus Galizien als eine unerreichbare Idee. Identität wurde zu einer bürokratischen Überlebensfrage. Der österreichische Pass, den er als junger Mann erhält, beweist ihm nur, dass er »irgendein Ich«, ein »Staatsbürger« sei. Er bleibt, wie er es in seinem großen Essay von 1927 zu einer Art Schicksal erhob, einer der vielen »Juden auf Wanderschaft«. […]