Pressemitteilung • 12.09.2006
»Zu den ›Irritationen‹ über die möglicherweise von der Polnischen Regierung unter Ministerpräsident Jaroslaw Kaczyński erwägten Einschränkungen der Rechte der deutschen Minderheit in Polen erklärt der Vorsitzende der Gruppe der Vertriebenen, Flüchtlinge und Aussiedler der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Jochen-Konrad Fromme MdB:
Im deutsch-polnischen Verhältnis hat es aus den verschiedensten Gründen in den letzten Wochen und Monaten Verstimmungen gegeben. Diese dürfen aber in keinem Fall auf dem Rücken einer Minderheit ausgetragen werden. Wenn Ministerpräsident Kaczyński erklärt, bei seiner Rückendeckung für den Vorstoß seines Koalitionspartners, der Partei der Liga der polnischen Familie (LPR), das Recht der deutschen Minderheit auf eine eigene parlamentarische Vertretung im polnischen Sejm aufzuheben, handle es sich um ein ›Missverständnis‹, kann nur vorsichtig Entwarnung gegeben werden. Es ist nicht von der Hand zu weisen: Im deutsch-polnischen Verhältnis kriselt es. Nicht erst seit der Eröffnung der Ausstellung Erzwungene Wege im August diesen Jahres in Berlin, vielmehr besonders seit dem Regierungsantritt der Partei Recht und Gerechtigkeit (PiS) häufen sich die ›Missverständnisse‹.
Der Ablauf ist dabei immer der Gleiche. Einer der Koalitionspartner prescht mit einer Initiative wie der jetzt gegen die deutsche Minderheit gerichteten vor und dann steht die Angelegenheit erst einmal im Raum, zum Schaden des deutsch-polnischen Verhältnisses.
Es würde einen schweren Schaden im deutsch-polnischen Verhältnis bedeuten, wenn die rund 300.000 Angehörigen der deutschen Minderheit in Polen zu den Leidtragenden von Irritationen im deutsch-polnischen Verhältnis würden. Sollten die garantierten Rechte der deutschen Minderheit in Polen eingeschränkt werden, so würde auch in den Kernbestand europäischen Rechts eingegriffen, denn die Anerkennung von Minderheitenrechten ist davon ein Bestandteil. Polen hat sich mit seinem Beitritt zur Europäischen Union im Jahr 2004 deutlich zu diesem Rechtsbestand bekannt.
Anfang 2005 erst wurde in Polen nach 15jähriger Diskussion ein Minderheitengesetz verabschiedet. Das Gesetz blieb zwar mit einem Minderheitenquorum von 20 Prozent deutlich hinter vergleichbaren Minderheitenrechten in anderen Ländern zurück (der europäische Rahmen liegt bei ca. 8 Prozent). Gleichwohl stellt das polnische Minderheitengesetz eine Errungenschaft für die deutsche Minderheit dar.
Im deutsch-polnischen Verhältnis ist die Stellung der deutschen Minderheit völkerrechtsverbindlich seit 1991 im deutsch-polnischen Nachbarschaftsvertrag geregelt. Ein Infragestellen diesen Vertrages würde die deutsch-polnischen Beziehungen um Jahrzehnte zurückwerfen. Dies muss in jedem Falle verhindert werden.
Im deutsch-polnischen Verhältnis wurde in den vergangenen gut anderthalb Jahrzehnten seit der Wende in Europa sehr viel erreicht. Dies darf nicht durch unüberlegtes Handeln in Frage gestellt werden. Daher müssen beide Seiten die Verantwortung dafür tragen, das Verhältnis nicht durch solche ›Missverständnisse‹ weiter zu belasten.
CDU und CSU bekennen sich einmal mehr klar zur ihrer dauerhaften Verantwortung für die deutsche Minderheit in Polen. Dazu gehört auch die Sicherung ihrer Rechte.«