Europäisches Schicksal: Zum Tod des polnischen Dichters und Essayisten Czesław Miłosz (1911–2004)
Balduin Winter

Freitag Nr. 35 • 20.08.2004

[…] Unbedeutend, doch wichtig, sein Geburtsort, Seteiniai in Litauen, wo er als Sohn eines glücklosen Gutsbesitzers geboren wird. 1911: Die Region gehört zum Zarenreich, nach der Oktoberrevolution und im Geleitschutz der Mittelmächte erklärt Litauen seine Unabhängigkeit, die von der jungen Sowjetunion »für immer« respektiert wird; Miłosz´ Wilna, das Jerusalem des Nordens, seine Gymnasialstadt, soll die zukünftige Hauptstadt werden. Nach der Niederlage der Mittelmächte aber erhebt Polen Ansprüche auf das Wilnaer Land und erhält 1923 die kosmopolitische Stadt, der Miłosz viel später ein Erinnerungsbuch – Die Straßen von Wilna – widmet. […]