»Um das Wirkungsfeld, in dem sich die Reformation im Ostbaltikum entwickelte, zu umreißen, wird eine Analyse der staatlichen und sozialen Struktur der mittelalterlichen livländischen Gesellschaft einleitend vorangestellt. Im Mittelpunkt der Untersuchung steht die Reformation in den großen Hansestädten Riga, Reval und Dorpat mit den von ihr hervorgerufenen religiösen Konflikten, die mit den politischen, sozialen und auch ökonomischen Interessen der verschiedenen Schichten der Stadtbevölkerung verflochten waren.
In diesem Zusammenhang wird die Differenzierung im Verständnis der neu entstehenden Theologie gezeigt.
Die Untersuchung bleibt nicht auf die Reformation in den Städten beschränkt. Sie bezieht die Auswirkungen der städtischen Reformation auf die komplizierten Machtverhältnisse im Ostbaltikum, auf die Bauern und den ritterschaftlichen Vasallenadel mit ein. Unter Anwendung der komparativen Methode wird die Spezifik der livländischen Reformationsvariante an Beispielen verdeutlicht. Vor allem bietet sich der Vergleich mit dem Ablauf des Reformationsprozesses in den norddeutschen Hansestädten und Preußen an. Vergleichend mit der preußischen Entwicklung wird untersucht, warum das labile Staatengefüge der livländischen Konföderation nicht in einen neuzeitlichen zentralisierten Territorialstaat unter der Herrschaft eines weltlichen Landesfürsten umgewandelt werden konnte und erst vier Jahrzehnte nach Reformationsbeginn sich die Fürstenreformation im Herzogtum Kurland durchsetzte. Zu beantworten ist auch die Frage, warum die Reformation in Livland im Vergleich zu Süd- und Mitteldeutschland keinen Bauernkrieg auslöste.«
(Quelle: Verlag Dr. Kovač)
Kuhles, Joachim: Die Reformation in Livland – religiöse, politische und ökonomische Wirkungen. Hamburger Beiträge zur Geschichte des östlichen Europa, Bd. 16, 366 S., Hamburg: Verlag Dr. Kovač: 2007. ISBN: 978-3-8300-2600-6