Eine Berliner Kindheit nach 1945
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Dirk Cornelsen: Das zertretene Angelspiel. Eine Berliner Kindheit nach 1945, Klartext Verlag, Essen, 2003, Broschur, 192 Seiten, ISBN 3-89861-213-9, 14,90 €

»Hier meldet sich spät jemand zu Wort, der als Kind Bombennächte, Flucht und alleine die Vertreibung überlebt hat und unter den Folgen bis heute leidet – wie Tausende anderer Deutscher, die damals auch Kinder waren.
Im Alter von viereinhalb Jahren überlebte Dirk Cornelsen den gewaltsamen Tod der Eltern und den Versuch, auch ihn zu töten, auf kaum glaubliche Weise. Die Schwester der toten Mutter des Jungen und ihr Mann spüren das Waisenkind in einem Flüchtlingslager auf und adoptieren es. Aber sie sprechen jahrzehntelang kein Wort über sein Schicksal und seine Herkunft, obwohl sich das Kind genau an seine grauenhaften Erlebnisse erinnert.
Das Buch schildert, wie ein Waisenkind und seine Adoptiveltern ihre Schocks nach dem Krieg zu »bewältigen« versuchen: Vor allem dadurch, dass sie darüber schweigen! Die Adoptiveltern stürzen sich in die Arbeit und bauen einen Verlag auf, der mittlerweile zu den größten Unternehmen der Branche zählt. Die gerade zu Ende gegangene NS-Zeit ist allgegenwärtig, obwohl sie im Elternhaus selten und in der Schule fast nie erwähnt wird: In der Künstlerkolonie wohnt im Parterre noch der ehemalige Blockwart. Die Eltern kaufen nicht in einem Schuhgeschäft ein, weil der Inhaber ein »glühender Nazi« war. Sie mieten ein Haus nicht, da dort noch die Telefonanschlüsse zu den Konzentrationslagern zu sehen sind, die der frühere Hauseigentümer von zu Hause direkt anrufen konnte.
Der Bericht ist eine psychologische Studie über die Folgen eines traumatischen Kinderschicksals bei Kriegsende. Zugleich ist das Buch aber auch die witzige Schilderung einer Berliner Kindheit 1946 – 1955.
Insgesamt behandelt der Band ein Stück Zeitgeschichte, indem die Frage von Flucht und Vertreibung an einem konkreten Schicksal behandelt wird.«
Quelle: Klartext Verlag