Rainer Traube

Deutsche Welle • 17.02.2006

Der Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien, Bernd Neumann, hat im Interview mit DW-TV seine aktuellen Pläne in zentralen kulturpolitischen Fragen erläutert • Bekenntnis zu Dokumentationsstätte über »Flucht und Vertreibung« in Berlin

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DW: Eine Gedenkstätte gibt es noch nicht, von der einige glauben, es müsse sie in Deutschland geben: eine Erinnerung an die Millionen Vertriebenen Deutschen des Zweiten Weltkrieg. Unsere Nachbarn in Polen und Tschechien sehen das mit Zorn, Sorge und Angst. Wie ist Ihre Haltung: Wird es ein Museum, eine Gedenkstätte für die deutschen Vertriebenen geben?
Neumann: In der Koalitionsvereinbarung steht deutlich, dass wir in Hinblick auf dieses wichtige Thema Flucht und Vertreibung ein sichtbares Zeichen, das heißt, eine Dokumentationsstätte in Berlin einrichten wollen. Dies kann nicht umstritten sein als solches, weil die Thematik eine Thematik ist, die nicht nur Deutschland bewegt, sondern ganz Europa. Deswegen wollen wir auch die Flucht und Vertreibung europäischer Völker einbeziehen. Eine solche Stätte ist Mahnung in Gegenwart und Zukunft, denn wenn wir in die Welt schauen, haben wir es permanent mit Flucht und Vertreibung in der Regel infolge von Kriegen zu tun. Wir wollen dies allerdings in jedem Falle im Konsens mit unseren Nachbarn tun. Deswegen habe ich vor, mit dem polnischen Kollegen zu sprechen – da ist wohl das Hauptproblem –, allerdings auch mit anderen osteuropäischen Kollegen, um ihnen deutlich zu machen: Können wir das nicht gemeinsam machen? Um auch gewisse Ängste auszuräumen, dass hier die Schuldfrage zu Lasten anderer gelöst wird. Es ist eindeutig so, dass Flucht und Vertreibung 1945 und in den Folgejahren die Folge und die Ursache eines von Nazideutschland entfachten Krieg war. Das muss völlig klar sein - aber auch, dass damals große Schicksale stattfanden.
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