Ein Gebäck wird im Schlesischen Museum zu Görlitz als europäisches Kulturgut präsentiert
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Pfefferkuchenform Foto: © Schlesisches Museum zu Görlitz
Schlesische PfefferkuchenformFoto: © Schlesisches Museum zu Görlitz

Pfefferkuchen, Lebkuchen, Honigkuchen – die süßen, stark gewürzten und lange haltbaren Gebäcke erfreuen sich nicht nur zur Weihnachtszeit großer Beliebtheit. Auch zu anderen Festtagen, zu Kirmes und Jahrmarkt oder zu feierlichen Ereignissen im Lebenslauf gehören sie. Eine Sonderausstellung im Schlesischen Museum zu Görlitz widmet sich der langen Geschichte dieses würzigen Gebäcks, das in Schlesien eine fast 900-jährige Tradition hat.

Schon die Ägypter der Antike kannten ein ähnliches Honiggebäck. Die Zubereitung des mit Pfeffer und anderen Gewürzen gefertigten Gebäcks, wie wir es heute kennen, ist zunächst aus Klöstern überliefert. Ende des 13. Jahrhunderts gibt es erste urkundliche Nachweise für das Handwerk des Pfefferküchlers. War Pfefferkuchen zunächst noch ein Luxusgut, das sich nur Wenige leisten konnten, zählt das würzige Gebäck seit dem 16. Jahrhundert in Mitteleuropa zum allgemeinen Volksgut.

Die damals von den Pfefferküchlern hergestellten Gebäcke waren meist figürlich gestaltet und wurden mit Hilfe von Holzmodeln geformt. Die Fertigung dieser Model erfuhr ihre Blüte in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts, wobei meist überlieferte, traditionelle Bildmotive verwendet wurden. Im 19. Jahrhundert setzten sich mehr und mehr Ausstechformen aus Blech durch. Zu dieser Zeit begann man auch in der Pfefferkuchenherstellung die einzelnen Arbeitsschritte zu mechanisieren. Aus den alten Pfefferküchlereien entwickelten sich vielfach große Honigkuchenfabriken.

In Schlesien ist die Pfefferküchlerei aus zahlreichen Städten an den alten Handelsrouten überliefert, zum Beispiel aus Breslau, Schweidnitz, Oppeln, Jauer oder Ratibor. Die erste schriftliche Erwähnung eines Lebkuchenbäckers findet man in Schweidnitz. Typisch schlesische Spezialitäten wie Liegnitzer Bomben und Neisser Konfekt sind bis heute in aller Munde, im eigentlichen wie im übertragenen Sinn.

Die ältesten Zeugnisse der Pfefferküchlerei im heutigen Sachsen stammen aus Görlitz. Überregional bekannt sind die Pulsnitzer Pfefferkuchen, die der Stadt den Beinamen Pfefferkuchenstadt eingebracht haben. Es ist der einzige Ort der Welt, wo man die Pfefferküchlerei noch heute als Lehrberuf erlernen kann. In Weißenberg bei Bautzen befindet sich die älteste und einzige in ihrer ursprünglichen Form erhaltene Pfefferkuchenbäckerei in Europa. Diese wird heute als Museum betrieben und ermöglicht den Besuchern einen Einblick in das traditionelle Handwerk.

Wie aber kommt der Pfeffer in den Kuchen? Was unterscheidet den Pfefferküchler vom Bäcker? Wo genießt man welche Spezialität? Woher kommen die Pfeffersäcke? Und wer hat der Hexe das Pfefferkuchenhaus gebaut? Antworten auf diese und andere Fragen rund um den Pfefferkuchen werden vom 29. November bis zum 1. März in der Ausstellung im Schlesischen Museum zu Görlitz und mehreren Veranstaltungen im Begleitprogramm geboten. Neben der Kulturgeschichte des Pfefferkuchens stehen besonders die Zutaten und die Produktion des würzigen Gebäcks sowie die regionalen Besonderheiten im Mittelpunkt.

Die vom Haus Schlesien in Königswinter-Heisterbacherrott erarbeitete Ausstellung wurde um zahlreiche Leihgaben des Stadt- und Pfefferkuchenmuseums Pulsnitz, des Museums Alte Pfefferküchlerei in Weißenberg und des Muzeum Etnograficzne we Wrocławiu (Ethnographisches Museum Breslau) erweitert. Mit Objekten aus dem eigenen Bestand möchte das Schlesische Museum zu Görlitz den Blick noch stärker auf Schlesien richten. So ist erstmals das Innungsbuch der Bäckerzunft Glogau von 1581–1705 zu sehen, worin 1597 der Verkauf von Pfefferkuchen erwähnt wird. Neben diesem Dokument für die handwerkliche Fertigung von Pfefferkuchen illustrieren zahlreiche historische Fotos aus der Honigkuchenfabrik von Franz Sobtzick in Ratibor aus dem Jahr 1899 und andere Objekte die industrielle Produktion.

Auch heute wird in Schlesien noch Pfefferkuchen hergestellt, wie die Beispiele aus verschiedenen Werkstätten belegen.

Die Veröffentlichung erfolgt mit freundlicher Genehmigung der Kulturpolitischen Korrespondenz, in deren Ausgabe 1350 der Artikel erschien.