Eine Ausstellungsrezension von Martin Pabst.
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© Martin Pabst

Der berühmte Senftopf darf – zumindest in einer Zeichnung – in der Vi­trine mit dem berühmten Stich von Immanuel Kants »Tischgesellschaft« natürlich nicht fehlen. Wer selbst einmal ein Haus gebaut oder saniert hat, kennt es: Verzögerungen im Zeitplan. Wenn Museen neu oder anbauen kann so etwas auch passieren. Wie dem Ostpreußischen Landesmuseum in Lüneburg, das eigentlich nach der Deutschbaltischen Abteilung von 2018 seine neueste Erweiterung pünktlich zum 300. Geburtstag Kants 2024 eröffnen wollte.

Weil dies erst 2025 erfolgen kann, serviert das Museumsteam schon einmal einen »Gruß aus der Küche«, der neugierig macht. Denn so viel steht nach dem Besuch von Kant 300. Ein Leben in Königsberg bereits fest: Die Ausstellung, die später Teil der Dauerausstellung sein wird, ist mit Momenten der Überraschung und des Staunens gut gewürzt. Man erfährt nicht nur, dass es die Tischgesellschaft, so wie sie von Stichen und Gemälden bekannt ist, in der Form nie gegeben hat. Oder dass nach seinem Tod viel mehr »echte Haarlocken Kants« zirkulierten, als je auf den Kopf des Philosophen gepasst hätten. Das Wichtigste ist jedoch: Immanuel Kant war nicht nur der Philosoph und große Denker, als der er in der Welt bis heute berühmt ist. »Immer wieder zeigten sich Besucher, die nur seine Bücher kannten, von seinem Witz überrascht. Kant trennte zwischen Arbeit und Leben«, heißt es auf einer Texttafel direkt am Beginn der Ausstellung, in der drei große Tische für drei Aspekte des berühmten Königsbergers stehen.

Ein Werktisch symbolisiert die Herkunft Emanuels (wie er im Taufverzeichnis eingetragen ist) aus einer Handwerkerfamilie, die von Fleiß und Frömmigkeit geprägt war. Dass Immanuel (wie er sich später selbst nannte) ein fleißiger Schüler war, dem der schulische Lehrplan zu eintönig war, verwundert nicht. Aber wussten Sie, dass er sein Studium unter anderem mit Karten- und Billardspiel finanzierte? Daher ist ein Billardtisch Sinnbild für den »geselligen Kant«, der in der Königsberger Gesellschaft als geistreicher und unterhaltsamer Gast beliebt war. Für den Philosophen und bei seinen Studenten ebenfalls sehr beliebten Professor steht schließlich der Schreibtisch. Und mittels Virtual-Reality-Brillen kann man in die dreidimensionale digitale Rekonstruktion Königsbergs eintauchen.

Ergänzt werden die drei Tische als Vorausschau auf die Gestaltung um einen abschließenden Abschnitt zur inhaltlichen und baulichen Konzeption der künftigen Dauerausstellung, die sich ganz bewusst nicht auf die Biografie des berühmtesten Königsbergers fokussieren wird, sondern – und das wird weltweit einmalig sein – auf seine Ideen und ihre gesellschaftliche Relevanz für unsere heutige Welt. Wie genau das Lüneburger Team das machen wird? Darauf kann man gespannt sein. Die Einblicke, die Kant 300 gibt, versprechen jedenfalls: mit einem Klecks vom »Senf des Erstaunens« gut bekömmlich, verständlich und interessant.

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