Der Autor und Publizist Georg Aescht, geboren 1953 in Zeiden/Codlea in Siebenbürgen, war seit 1991 er Redakteur der KK, und übersetzte zudem Bücher zahlreicher rumänischer Autoren ins Deutsche. Markus Nowak hat ihn interviewt.
Kulturkorrespondenz östliches Europa, № 1403 | Mai 2019

Georg Aescht in seinem Büro in KönigswinterFoto: © Markus Nowak

Georg Aescht, geboren 1953 in Zeiden/Codlea in Siebenbürgen, war nach seinem Studium der Germanistik und Anglistik in Klausenburg/Cluj Lehrer am dortigen deutschsprachigen Gymnasium. 1984 wanderte er mit Frau und Tochter nach Deutschland aus. Seit 1991 ist er Redakteur der KK, und neben seiner feuilletonistisch-publizistischen Tätigkeit hat er Bücher zahlreicher rumänischer Autoren ins Deutsche übersetzt. Bei der diesjährigen Leipziger Buchmesse 2019 war er für den Übersetzerpreis nominiert. Die Fragen stellte Markus Nowak.

Herr Aescht, 28 Jahre lang arbeiteten Sie monatlich am Entstehen der KK. Mit Heft 1402 gehen Sie in den wohlverdienten Ruhestand. Wie ist es, nach dieser langen Zeit das »Kind« KK abzugeben?

Es ist nicht etwas, was ich als mein Lebenswerk betrachten könnte. Es war immer Spaß und Freude, ich habe auch sehr viel gelernt, sehr viele Leute getroffen und neue Kontakte gewonnen und bin, glaube ich, auf diese Art und Weise auch zu einem etwas anderen Menschen geworden. Zu einem vielseitig interessierten, insofern ist es nicht ein Verlust, wenn ich das »Kind« jetzt abgebe…

… ein Kind ist die KK im 51. Jahrgang nicht mehr. Vielmehr eine erwachsene Zeitschrift …

Ich habe sie nur übernommen und weitergemacht im Sinn des Herausgebers und dann auch langsam auszubauen versucht. Vor allem ist es für mich mein Lieblingsplatz gewesen, auf dem ich alle meine Interessen habe durchspielen können. Ich habe aber die Gewissheit, dass sie erstens in gute Hände kommt und zweitens weiterlebt, und das ist mir schlicht und einfach das allerwichtigste. Wenn sie weiterlebt, dann lebt auch ein Stück von mir weiter.

Als Sie 1991 zur KK kamen, hieß der Herausgeber noch Ostdeutscher Kulturrat (OKR). Herbert Hupka stand ihm vor. 2008 wurde der OKR in Stiftung Deutsche Kultur im östlichen Europa umbenannt. Können Sie sich noch an das Vorstellungsgespräch erinnern?

Als ich erfuhr, dass ich Herbert Hupka im Gespräch gegenübersitzen würde, bin ich zunächst erschrocken. Er war zuvor in der Presse heftig angegangen worden. Da war etwa die Sache mit dem Heimattag der Schlesier 1985 und ihrem Motto »Schlesien bleibt unser« Erst als es abgemildert wurde zu »Schlesien bleibt unsere Zukunft in einem Europa freier Völker«, wollte auch Bundeskanzler Kohl sprechen. Und Hupka war damals immer wieder in der Öffentlichkeit, das hatte auch auf mein Bild über ihn abgefärbt. Nun saß ich ihm gegenüber, und er fragte mich, was ich zuvor in Rumänien getan hatte. Ich war ja Lehrer, Übersetzer und hatte an Lehrbüchern mitgearbeitet. Er wollte wissen, ob ich politische Kompromisse eingehen musste, also ob ich mich bekleckert habe. Ich habe gesagt, dass es dort weder Wahrheit noch eine definierbare Wirklichkeit gab. Man musste sich zurechtfinden, konnte es aber auch. Bei allen Abstrichen, die man machen musste, konnte man auch Redliches tun. Er hat aus eigenem Interesse nachgefragt, das Vorstellungsgespräch wurde zu einem Dialog.

Wie war Hupka als Chef?

Durchaus ein guter. Nicht einfach und nicht immer milde gestimmt, aber immer korrekt. Hupka war ein Kämpfer, ein Politiker, der auch mit Hintergedanken umzugehen wusste, aber auch ein gebildeter, zivilisierter Mann.

Anfangs waren Sie nicht der einzige Redakteur…

Bis 2000 haben wir die KK zu zweit gemacht. Jörg Bilke war der Chefredakteur und ich war zuständig für Literatur, Kunst und teilweise für den Rezensionsteil. Damals erschien die KK allerdings dreimal im Monat, alle zehn Tage, und 2000, als uns die öffentliche Förderung entzogen wurde, bin ich allein geblieben. Aus Kostengründen, aber vor allem aus Zeitgründen, wurde die Erscheinungsweise reduziert. Dann gingen wir über zu dem heutigen Format und produzierten nicht mehr fotomechanisch, sondern elektronisch: Ich habe dann den Computer angeschafft und bin in dieses technische Geschäft hineingewachsen.

Welchen Anspruch hatten Sie an das Magazin?

Der Anspruch des Magazins war es, Verlorenes »unverloren« zu machen, indem man es wieder ins Bewusstsein zu rücken versucht.

Also ostdeutsche Kultur …

Ja! Es ist deutsche Kultur im östlichen Europa und aus dem östlichen Europa, sofern sie auch dort noch lebt, sofern sie dort hergekommen ist und weiterlebt. Und sofern wir es für möglich und notwendig halten, dass sie in den Köpfen der Menschen weiterlebt.

Was wissen Sie über die Bezieher und Leser der KK?

Ich weiß über den Leserkreis, dass in ihm sehr viel Herzblut fließt. Es ist etwas ganz anderes als der Leserkreis irgendeiner anderen Zeitschrift, denn es sind Leute mit einer affektiven Beteiligung an dem, was da drin steht. Was wir immer wieder auch bestätigt bekommen.

Die KK gibt es seit über 50 Jahren. Wo wird sie in fünf, zehn oder 20 Jahren stehen?

Ich hoffe, es gelingt dem Kulturforum, sie in Richtung Jugend und neue Interessen zu öffnen, sie parallel im Internet präsenter und immer aktiver zu gestalten. Dann kann sich der Leserkreis erweitern.

Sie selbst kommen aus Siebenbürgen und haben sich nach Ihrer Übersiedlung nach Deutschland im Siebengebirge niedergelassen. Die Sieben ist also Ihre Glückszahl?

Es mag Zufall sein, Absicht war es sicher nicht. Es war Absicht, ein Städtchen wie Bonn zu finden, das einem Siebenbürger Städtchen an Kultur, an Atmosphäre eher gleichkommt als irgendeine Großstadt. Und dann suchte ich nach Arbeit. Dass ich nach sieben Jahren anderweitiger Tätigkeit beim OKR angefangen habe, das war Zufall und Glück.