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Die schlesischen Friedenskirchen sind die größten sakralen Fachwerkbauten in Europa. Sie entstanden als Folge des Westfälischen Friedens, dem sie ihren Namen verdankten. Im Zuge der Gegenreformation ließ der Kaiser im überwiegend protestantischen Niederschlesien die evangelischen Kirchen einziehen. Auf Druck Schwedens und einiger protestantischer Reichsfürsten konnten Kaiser Ferdinand III. Zugeständnisse zu Gunsten der Evangelischen in Schlesien abgerungen werden. Dazu gehörte das Recht, je eine Kirche vor den Toren der Städte Schweidnitz/Świdnica, Jauer/Jawor und Glogau/Głogów bauen zu dürfen. Die Kirchen mussten wegen ihrer Lage vor der Stadt aus Holz errichtet werden. Alle drei wurden nach Plänen des Breslauer Architekten und Festungsbaumeister Albrecht von Säbisch (1610–1688) gebaut.

Die Friedenskirchen sind heute, wie auch andere Baudenkmäler in den ehemaligen östlichen Gebieten des Deutschen Reichs, ein gemeinsames Kulturerbe der Deutschen und ihrer östlichen Nachbarn. Die Restaurierungsmaßnahmen, in den 1990er Jahren in deutsch-polnischer Kooperation begonnen, sind ein besonderes Beispiel für eine vorbildhafte Zusammenarbeit bei der Pflege des gemeinsamen Kulturerbes. Die Restaurierung war die wesentliche Voraussetzung für die Aufnahme der Friedenskirchen in die Welterbeliste der UNESCO 2001. Allerdings konnte sie bisher aus finanziellen Gründen noch nicht abgeschlossen werden.

»Die Friedenskirchen legen Zeugnis ab für die Politik Polens im vergangenen Jahrzehnt in Bezug auf Kulturgüter. Wir halten fest an dem Begriff ›gemeinsames europäisches Kulturerbe‹ und überlassen der Geschichte den anachronistischen Begriff ›nationale Kunst‹, der in Europa so viel Böses angerichtet hat. […]

Die Aufnahme der Friedenskirchen in die UNESCO-Welterbeliste ist ein gemeinsamer Erfolg polnischer und deutscher Denkmalpfleger, der beiden evangelischen Gemeinden wie auch der beiden Städte. Jede der Friedenskirchen ist baulich und kulturell in die jeweilige Stadt eingebunden. Die Geschichte hat einen großen Kreis gezogen: Menschen, die einst Todfeinde waren, weil sie denselben Schöpfer auf verschiedene Weise verehrten, sind heute zu ökumenischen Brüdern im christlichen Glauben geworden. Zwei Nachbarvölker im Herzen Europas, die vor noch gar nicht so langer Zeit einen Kampf auf Leben und Tod führten, die gegenseitig ihre Kulturgüter zerstörten, sind heute Mitglieder der Staatengemeinschaft der Europäischen Union und beschützen die Denkmäler zusammen als gemeinsames Kulturerbe. Die Friedenskirchen, die im Rang des Weltkulturerbes der Menschheit stehen, symbolisieren um so stärker diese Geschichtswende.«
Aus der Einleitung von Andrzej Tomaszewski

Prof. Dr. Andrzej Tomaszewski war von 1995 bis 1998 Generalkonservator der Kunstdenkmäler der Republik Polen und ist seit 2003 Präsident des polnischen ICOMOS. Vor allem in seiner Zeit als Generalkonservator hat er sich in besonderer Weise um die Akzeptanz und den Schutz des gemeinsamen Kulturerbes in Polen verdient gemacht.

Dr. Hans Caspary war von 1983 bis 2001 deutscher Delegierter beim Welterbekomitee der UNESCO. Im Januar 2000 hielt er sich eine Woche lang in Schlesien auf, um die Restaurierungsarbeiten in Schweidnitz und Jauer zu begutachten und im Auftrag von ICOMOS (Internationaler Rat für Denkmalpflege) den Antrag Polens, die Friedenskirchen in die Welterbeliste aufzunehmen, zu bewerten. Der Katalogtext ist die wesentlich erweiterte, ergänzte und aktualisierte Fassung seines damaligen Gutachtens, das auch die Geschichte und die Bedeutung der Friedenskirchen in anschaulicher Weise schildert.

Caspary, Hans: Die schlesischen Friedenskirchen in Schweidnitz und Jauer. Ein deutsch-polnisches Kulturerbe. Ausstellungskatalog. Mit einer Einleitung von Andrzej Tomaszewski, zahlreiche Farbfotos von Mathias Marx, Potsdam 2009 (2., aktualisierte Auflage 2009).
Preisreduzierte Restexemplare: € 1,00. ISBN 978-3936168-50-1

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