Im Rahmen des 12. Bohemicum/Slovacicum – organisiert von der Humboldt-Universität zu Berlin, der Karls-Universität Prag, dem Lehrstuhl für slowakische Sprache der Komenský-Universität Bratislava, dem Tschechischen Zentrum sowie den diplomatischen Vertretungen der Tschechischen und der Slowakischen Republik in Berlin – präsentierte Professor Manfred Jähnichen den slowakischen Schriftsteller L'ubomir Feldek.
Seit annähernd einem halben Jahrhundert verfasst dieser vielseitige Meister der slowakischen Sprache Erzählungen, Gedichte, Dramen, Hörspiele und Kinderliteratur. In den 1960er Jahren gehörte er zur Gruppe der „Konkretisten“ von Trnava, die der offiziellen kommunistisch-kleinbürgerlichen Kultur der Stereotypen eine Poesie der subjektiven Provokation durch Sentiment, Sachlichkeit und Experiment entgegenstellte. Sein Sprachgefühl für das Slowakische, das im Vergleich zum Tschechischen erst später einen Reichtum an Wörtern und Nuanciertheit entwickelte, machen ihn zum begnadeten Nachdichter. Er übersetzte deutsche Klassiker wie Goethe, Schiller, Brecht und auch die mit Lautexperimenten und Wortspielen gespickten Gedichte von Christian Morgenstern übertrug er kongenial in seine Muttersprache.
Wortspiele, Ironie und Parodie liegen Feldek. Auch seine neuen Texte für die Bühne, die er als druckfrische Erstausgabe in Berlin präsentierte, setzen sich polemisch mit anderen Theaterstücken auseinander, etwa mit dem seit Jahrzehnten am Slowakischen Nationaltheater gespielten polnischen Dauerbrenner „Auf Glas gemalt“ über Juraj Janošík, den slowakischen Robin Hood des 17. Jahrhunderts.
Selbst in der „Samtenen Revolution“ aktiv, erlebte Feldek die Wandlung des bis 1998 regierenden autoritären Regierungschefs Vladimír Mečiar vom Dissidenten zum Nationalisten. Nach der am 23. Juli 1992 vom tschechischen Wahlsieger Václav Klaus und Vladimír Mečiar besiegelten Spaltung der beiden Länder wanderte L'ubomír Feldek aus – nach Prag, das nun im Ausland lag. Die Ursache für die Spaltung der Tschechoslowakei sieht er vor allem in den Differenzen zwischen den beiden Machtpolitikern Klaus und Mečiar. Klaus habe auf einer Föderation bestanden, die die Slowakei benachteiligte, und den Slowaken letztlich keine Wahl gelassen. Mečiar jedoch ist für den Dichter ein „schwarzes Loch“ – leer und zugleich voller Anziehungskraft. Wie ein Chamäleon passe er sich den jeweiligen Bedürfnissen der Masse an und sei deshalb auch im diesjährigen Wahlkampf noch ziemlich erfolgreich und unberechenbar. Das Verhältnis zwischen Tschechen und Slowaken habe sich seit der Abwahl Mečiars deutlich gebessert.
L'ubomír Feldek kam nicht allein: Im Publikum saßen zwei seiner begabten fünf Kinder und seine Tochter Ol'ga lockerte das Gespräch mit ihrem Kammerpop-Trio „Olinka Orphea & Band“ auf. Ol'ga studiert an der Folkwang-Hochschule in Essen und erzählte wunderbare Anekdoten über ihre Kindheit und ihren Weg nach Deutschland. Mit ihren beiden deutschen Begleitmusikern Nils Imhorst und Björn Leese an Kontrabass, Gitarre und Akkordeon gab sie vertonte eigene Texte sowie Gedichte und Erzählungen des Vaters zum Besten, unter anderem aus dem „Blauen Buch der Märchen“, das zu den Bestsellern der slowakischen Kinderliteratur gehört.