Gerhard Gnauck

Breslau - Der Kunstsammler Tomasz Niewodniczanski hat an die Staatspräsidenten Deutschlands und Polens appelliert, die Rückgabe kriegsbedingt verlagerter Kulturgüter „in ihre eigenen Hände zu nehmen und nicht länger den Diplomaten zu überlassen“.

Das sagte Niewodniczanski der WELT während der 300-Jahr-Feier der Universität Breslau (Wrocław), an der auch die Präsidenten Rau und Kwasniewski teilnahmen. Die Sammlung des in Bitburg lebenden Polen Niewodniczanski hatten er selbst und die Bundesregierung als Kompensation für Polen vorgeschlagen, wenn die in der Jagiellonen-Bibliothek in Krakau aufbewahrte, einzigartige Autografensammlung der Berliner Staatsbibliothek an Deutschland zurückgegeben würde.

Zugleich solle Berlin über eine Stiftung polnischen Museen helfen und alle während des Krieges nach Deutschland gelangten polnischen Kulturgüter zurückgeben: „Ohne ein Zeichen der Entschuldigung für die Zerstörungen gibt es keine Versöhnung, dann werden auch die Berliner Bestände nicht zurückkommen.“

Niewodniczanski eröffnete im Breslauer Kulturinstitut Ossolineum die Ausstellung „Imago Silesiae“ mit etwa 200 historischen Karten und Städteansichten Schlesiens aus dem 16. bis 19. Jahrhundert, die er dem Institut geschenkt hat. Zuvor hatte er der neuen Universität in Stettin (Szczecin) 350 Stücke aus seiner Pommern-Sammlung übergeben. Im Warschauer Königsschloss sind derzeit historische Karten und Städteansichten Polens aus seinen Beständen zu sehen.

Mit diesen ersten Schenkungen will Niewodniczanski bekräftigen, dass sein Angebot weiterhin gelte, seine Kernsammlung von Autografen, Karten und Grafiken im Gegenzug gegen die Rückgabe der Berliner Bestände Polen zu überlassen. Die Sammlung Niewodniczanskis, der von 1975 an Vorstandsmitglied der Bitburger Brauerei war, umfasst unter anderem Briefe von Chopin, Mickiewicz und Napoleon.

Ausstellung „Imago Silesiae“ im Breslauer Kulturinstitut Ossolineum bis 16. Dezember.

(Gerhard Gnauck arbeitet als Korrespondent für DIE WELT in Warschau. Der Artikel ist in der WELT vom 18.11.2002 erschienen.)

Kulturinstitut Ossolineum, Breslau