»Nach Amerika!« - auf dem diesjährigen Adventskulturforum diskutierten Martin Pollack, Karl Schlögel und Eric Schmaltz über die Emigration deutscher Siedler aus dem östlichen Europa um die Jahrhundertwende
Ariane Afsari
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Begrüßung des Publikums durch die Direktorin des Kulturforums, Dr. Doris Lemmermeier; das Podium von links nach rechts: Dr. Eric Schmaltz, Dr. Martin Pollack, Prof. Karl Schlögel und Sabine Adler
Blick von der Empore des Nikolai-Foyers zum Podium und ins Publikum
Martin Pollack bei seiner kurzen Eingangsschilderung der Zustände in Galizien um die Jahrhundertwende, die Hunderte aus der armen, meist nicht alphabetisierten Landbevölkerung auf der Suche nach mehr eigenem Land zur Bewirtschaftung in die Arme von Handla
Eric Schmaltz hatte seinem Vortrag etliche Illustrationen beigefügt, neben Familienfotos und berühmten Russlanddeutschen auch vor allem die Verbreitung der Russlanddeutschen in Amerika deutlich machten.
Erstaunt nahmen die Zuschauer die Zahlen zur Kenntnis, die Dr. Eric Schmaltz zu den Russlanddeutschen angab: Der U. S.-Bevölkerungszensus von 1920 wies mehr als 120.000 Russlanddeutsche als wohnhaft in den Vereinigten Staaten aus. 1940 hatte die Gesamtzah
Sabine Adler ging in ihren Fragen detailliert auf Einwürfe verschiedener Seiten ein: So gab Professor Karl Schlögel zu bedenken, dass man bei der Schilderung der Situation der Auswanderer und ihrer Gründe zwischen Russlanddeutschen und Russen unterscheide

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Am 1. Dezember 2010 führte das Deutsche Kulturforum östliches Europa sein Veranstaltungsformat des »Adventskulturforums« zum dritten Mal durch mit einem Thema, das bisher auch in der Fachwelt nur wenig erforscht und diskutiert ist. Als besonders vorteilhaft stellte sich heraus, dass drei mit dem Kulturforum eng verbundene Persönlichkeiten sich gerade mehr oder weniger intensiv mit diesem Phänomen beschäftigt haben:

Dr. Martin Pollack, Autor, Übersetzer, Journalist und Georg Dehio-Preisträger 2008, hat erst vor ein paar Wochen sein Buch kaiser von amerika. die grosse flucht aus galizien veröffentlicht, in dem er sich mit den Ursachen und Umständen der Auswanderung auseinandersetzt.

Dr. Eric Schmaltz, Dozent für Geschichte an der Northwestern Oklahoma State University, ist durch seine Tätigkeit bei der Germans from Russia Heritage Collection auch mit der Herausgabe der englischen Version des im Verlag des Deutschen Kulturforums erschienenen Titels Bessarabien. Deutsche Kolonisten am Schwarzen Meer beschäftigt. Er ging darauf ein, wo sich russlanddeutsche Auswanderer vor allem in Amerika niederließen, wie sie zum Aufbau der Gesellschaft beitrugen, und vor allem wie sie durch ihr zweifache Stigmatisierung (als Deutsche nach dem Zweiten Weltkrieg, als Russen während des Kalten Kriegs) möglichst unauffällig leben und sich schnell an die neuen Lebensbedingungen anpassen wollten. Erst jetzt fangen die Nachkommen langsam an, selbstbewusster mit diesem Erbe umzugehen.

Prof. Karl Schlögel, Professor für Geschichte Osteuropas, Viadrina, Frankfurt (Oder), Georg Dehio-Preisträger 2004, trug vor allem wichtige Details zur Diskussion bei wie etwa den Umstand, dass Auswanderung nicht die automatische Antwort auf die Zwangskollektivierung durch das kommunistische Regime war, sondern dass diese Maßnahme zunächst heftige Bauernaufstände, vor allem in den ersten Monaten des Jahres 1930, hervorrief.

Sabine Adler, Leiterin des Hauptstadtbüros des Deutschlandradios Berlin, fragte immer wieder nach und forschte nach Zusammenhängen, Ursachen und Folgen; zudem gelang es ihr, immer wieder auch Bezüge zur heutigen Migrationsdebatte herzustellen.

Die intensiv geführte Diskussion wurde nach knapp zwei Stunden durch Fragen aus dem Publikum abgeschlossen.

  • Adventskulturforum 2010: Nach Amerika!

    Podiumsdiskussion | Zur Emigration deutscher Siedler im östlichen Europa um die Jahrhundertwende | Es diskutieren Martin Pollack, Karl Schlögel und Eric Schmaltz • Moderation: Sabine Adler

  • library.ndsu.edu/grhc

    Die Internetseiten der Germans from Russia Heritage Collection
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