Hotzenplotz? Kenne ich, werden viele sagen. Das ist doch der Räuber. Stimmt, aber nicht ganz. Das ist auch der deutsche Name eines kleinen Städtchens im Nordosten Tschechiens, der tschechische Name ist Osoblaha. Schmalspurfreunde wissen noch etwas: Es fährt eine Bahn nach Hotzenplotz.
Tschechisch Schlesien ist der kleinere südliche Teil Schlesiens. Es ist eine hügelige Landschaft mit viel Landwirtschaft. So war es auch eine Zuckerfabrik, die großes Interesse am Bau einer Bahnverbindung hatte um die Rohstoffe und den fertigen Zucker billig transportieren zu können. 1898 wurde eine Verbindung von Röwersdorf (Třemešná ve Slezsku ) nach Hotzenplotz (Osoblaha) gebaut. Die Zuckerfabrik ging 1920 Pleite – die Bahn fährt heute noch.
Auf 760 mm breiten Gleisen verkehrt täglich eine Diesellok mit einem oder auch zwei Personenwagen auf der etwas mehr als 20 km langen Strecke. Und das vier- bis fünfmal täglich. Es ist die letzte Schmalspurstrecke der ČD, der České dráhy - Tschechische Bahnen.
Der Verein KPOÚ - Freunde der Schmalspurbahn – organisiert zusammen mit den Schlesischen Landesbahnen regelmäßig Sonderfahrten mit Dampfzügen. An den Sommerwochenenden geht die Reise dann teilweise in offenen Wagen durch mehr als hundert Kurven. Vor den Zügen dampfen die U57.001, eine Schlepptenderlok, die als Dauerleihgabe vom Club 760 aus Österreich nach Osoblaha kam, und die U46.002. Letztere ist eine Reşiţa-Waldbahnlok aus Rumänien.
Die Gemeinden an der Strecke haben die meisten Bahnhöfe gekauft und wollen diese restaurieren. Seit 2018, anlässlich des 120-jährigen Jubiläums der Bahn, erstrahlt als erster der Bahnhof von Sleské Rudoltice (Rosswald) wieder in neuem, alten, Glanz. Neben Räumen für Bahnbedienstete und Reisende gibt es auch eine Wohnung, die an eine junge Familie vermietet werden soll. Es kommt also Leben »in die Bude«.
Was macht der Ausflügler nun in Osoblaha - Hotzenplotz? Ein besonderes Angebot gibt es für Badelustige: Inhaber einer Rückfahrkarte für den Dampfzug erhalten freien Eintritt in das Schwimmbad, das nur 400 m vom Bahnhof entfernt ist. Und Wandersleute kommen in dieser Gegend sowieso auf ihre Kosten.
Ach so – und was hat das alles nun mit dem Räuber Hotzenplotz zu tun? Otfried Preußler, der Erfinder der Kinderbuchfigur, ist in Reichenberg (Liberec) geboren und aufgewachsen. Als Kind hat ihn der sonderbare Ortsname Hotzenplotz sehr beeindruckt. Und als er für seinen Räuber 1962 einen Namen suchte, erinnerte er sich wieder an das kleine Städtchen.
Ein Film von Anna Neumann und Andreas Stirl, 2019, ca. 30 Min.
Mit der Bahn nach Hotzenplotz – Auf schmaler Spur durch Mährisch-Schlesien
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