Das Deutsche Kulturforum unterstützt die Filmreihe zum Thema »Oberschlesien zwischen Tradition und Moderne«

Mit der Sektion »Regio: Silesia« widmet sich das 28. FilmFestival Cottbus in diesem Jahr der Industrie- und Regionalgeschichte Oberschlesiens, die zugleich symptomatisch für die Entwicklung Mitteleuropas seit dem 19. Jahrhundert ist. Die Filmreihe stellt zentrale Fragen an das Zusammenleben in Europa sowie an die weitere Entwicklung ökonomisch monokulturell geprägter Regionen. In der Filmreihe werden 14 Spiel-, Dokumentar- und Kurzfilme gezeigt, die dabei helfen die genannten Fragen am Beispiel Schlesiens zu diskutieren.

Schlesien ist mehr. In der Regionalgeschichte Oberschlesiens finden das Schicksal und die Herausforderungen zwischen Gründerzeit und Postsozialismus, zwischen zwei Kriegen und mehreren Sprachen, Industrialisierung und postindustrieller Standortbestimmung ihren Ausdruck. Hier lassen sich mitteleuropäische Geschichte und der Strukturwandel vom 20. ins 21. Jahrhundert ablesen – in einer von den Wunden verschiedener Kriege und Vertreibungen geprägten Landschaft, die, ähnlich wie die Region Lausitz, vor der Herausforderung steht, sich vom Bergbau als identitätsstiftendem Wirtschaftsfaktor zu verabschieden. Noch in den 1980er-Jahren galt die oberschlesische Verwaltungsstadt Katowice als verschmutztester Ort Europas, heute hat sich die Metropole in einen international wettbewerbsfähigen Standort für die Kultur- und Kongressindustrie entwickelt. Im Dezember 2018 findet dort die 24. UN-Klimakonferenz statt.

Filmisch ging Schlesien – im Polnischen steht die Bezeichnung des Verwaltungsbezirks »Śląsk« (Schlesien) synonym für die Region »Oberschlesien« – schon immer eigene Wege, wobei die Filme von Altmeistern wie Kazimierz Kutz und Lech Majewski Kultstatus erreichten. Mit 14 Filmen wirft »Regio: Silesia« einen Blick auf Tradition und Moderne in Schlesien, auf eine ganz eigene, aus unterschiedlichen Kulturen gespeiste Identität mit speziellem Humor und einer eigenen Sprache, einer zuweilen sperrigen Mentalität und starkem Regionalbewusstsein. Dazu gehören auch filmische Blicke in die Vergangenheit und in den tschechischen Teil Schlesiens, nach Mährisch-Schlesien mit seinem Verwaltungssitz Ostrava. 2019 wird sich das FilmFestival Cottbus der Region Niederschlesien widmen.

Programm

Agfa 1939: Podróż w czasy wojny | Agfa 1939: Meine Reise in den Krieg
Regie: Michał Wnuk, PL/D 2015, 54 Min.
Manchmal bringt eine Kleinigkeit eine unerwartete Wende in unser bisheriges Leben oder krempelt es ganz um. Wo es früher die heile Welt der Heimat gab, spukt jetzt im hellen Lichte eine düstere Vergangenheit.

Fr, 9.11.2018 | 14:00 Uhr | Kammerbühne

Angelus
Regie: Lech Majewski, PL 2001, 104 Min.
Der Regisseur Lech Majewski hat schon immer über den Rand der berühmten Polnischen Filmschule hinausgeschaut. Und so hat er auch Schlesien in einem neuen Licht gezeigt – als surreales Panoptikum einer gestörten Wahrnehmung am Rande des Wahnsinns.

Sa, 10.11.2018 | 16:30 Uhr | Obenkino
So, 11.11.2018 | 12:00 Uhr | Glad-House

Der Fall Gleiwitz
Regie: Gerhard Klein, DDR 1961, 67 Min.
Am Abend des 31. August 1939 wird der deutsche Radiosender in Gleiwitz von polnischen Freischärlern angegriffen – doch es ist eine von den Nazis präzise vorbereitete und gekonnt inszenierte Provokation. Der von der DEFA 1961 gedrehte Spielfilm erzählt im Propagandastil die Einzelheiten der Vorbereitung und den Verlauf des Überfalls

Mi, 07.11.2018 | 15:00 Uhr | Obenkino

Dukla 61
Regie: David Ondříček, ČR 2018 / 150 Min.
Petr will unter Tage arbeiten wie sein Vater, auch wenn der das mit allen Mitteln zu verhindern sucht. Was als Generationenkonflikt beginnt, endet in einer Katastrophe, im Kampf um Leben und Tod. Spannender Zweiteiler des tschechischen Fernsehens.

Sa, 10.11. | 19:00 Uhr | Obenkino

Gruba | Die Kohlegrube
Regie: Maria Zmarz-Koczanowicz, PL 2017, 65 Min.
Der Film beginnt mit einer Widmung an Irena Kamieńska. Aber wer war die Frau? Sie war eine große Dokumentaristin der Arbeit in der Zeit des realexistierenden Sozialismus, die aus den malochenden Frauen Ikonen der Arbeit geschmiedet hat.

Fr, 9.11.2018 | 17:00 Uhr | Obenkino

Józio, chodż do domu | Józio, komm nach Hause
Regie: Marcin Chłopaś, PL 2016, 30 Min.
Oft bietet die Reise in die Vergangenheit die Chance, unsere Zukunft neu zu gestalten. Leider gehört auch der Schmerz der Erinnerung zum notwendigen Equipment auf dem Weg in eine bessere Zukunft – und dazu braucht man Mut und ein offenes Herz, wie Józio, der nach 54 Jahren der Emigration in Israel seinen Geburtsort besucht.

Fr, 9.11.2018 | 14:00 Uhr | Kammerbühne

Miłość w mieście ogrodów | Liebe in der Gartenstadt
Regie: Ingmar Villqist, Adam Sikora, PL 2017, 93 Min.
Das von Krisen und Geschichte gebeutelte Gebiet Oberschlesien mit der Hauptstadt Katowice hat die Vergangenheit bereits hinter sich gelassen. Es bleibt nur eine postmoderne, kalte und kalkulierte Zukunft, in der die Liebe zur Mangelware wird. Ist dies aber eine Zukunft für den Menschen?

Mi, 7.11.2018 | 10:00 Uhr | Glad-House

Mój Niemandsland
Regie: Wojciech Królikowski, PL 2017, 44 Min.
»Ich empfinde mich als Schlesier, dies ist meine Nationalität, dies ist meine Religion.« Der Urheber dieser Aussage heißt Janosch, bekannt als Schriftsteller, Autor und Illustrator zahlreicher Kinderbücher. Sein Wunsch: in einem gemütlichen Haus an einem ruhigen Fluss zu wohnen. Seine Kindheit hat ihm so etwas kaum beschert.

Mi. 7.11.2018 | 12:00 Uhr | Glad-House

Peking 2008
Regie: Dagmara Drzazga, PL 2008, 40 Min.
Die schlesische Regisseurin Dagmara Drzazga dreht einen neuen Spielfilm in einer verarmten Bergarbeitersiedlung – es wird zugleich ein Making-Off vorbereitet. Bald verlässt jedoch die Kamera das Set und begleitet die Laiendarsteller und Komparsen durch die Welt am Rande des Drehortes.

Mi. 7.11.2018 | 12:00 Uhr | Glad-House

Gorączka sobotniego popołudnia | Saturday Afternoon Fever
Regie: Kornel Miglus, PL 2000, 42 Min.
Heutzutage ist Fußball ein wahnsinniges Geschäftsmodell mit unvorstellbaren Geldtransfers und mit Stars und Champions League eine multidimensionale Werbemaschinerie, der sich kaum jemand entziehen kann – eine globale Unterhaltung ohne Ende.

Sa, 10.11.2018 | 14:00 Uhr | Oben-Kino

Paciorki jednego różańca | Perlen eines Rosenkranzes
Regie: Kazimierz Kutz, PL 1980, 106 Min.
Die 1970er-Jahre in Polen bedeuten den Aufbruch in ein neues Zeitalter. Die Macht übernehmen kommunistische Technokraten. Ins Land kommen Westprodukte: Marlboro und Coca-Cola, Fiat und Berliet beherrschen das Straßenbild. Das Land wird modernisiert – zum Opfer fällt die hundertjährige Tradition und ihre Kultur.

So, 11.11.2018 | 16:00 Uhr | Glad-House

Barbórka | Tal der Heiligen Barbara
Regie: Maciej Pieprzyca, PL 2005, 70 Min.
Oberschlesien war schon immer ein Ort, wo Familie und Arbeit die Grundwerte bildeten und die weite Welt schon immer viel zu weit war, um sie zu bereisen. Aber wenn eines Tages die weite Welt in die Heimat kommt und mit der verbotenen Frucht der Liebe lockt, werden die Werte auf die Probe gestellt.

So, 11.11.2018 | 18:00 Uhr | Glad-House

Poslední Šichta Tomáše Hisema | Die letzte Schicht von Tomáš Hisem
Regie: Jindřich Andrš, ČR 2017, 29 Min.
Ein einziger Lichtstrahl zerteilt das Dunkel unter Tage, die Lampe am Helm von Tomáš Hisem. Ein letztes Mal vor der Zechenschließung in zwei Tagen ist der Bergmann mit dem Förderkorb in die Tiefe gerast, diesmal hat er heimlich eine Helmkamera dabei.

Sa, 12.11.2018 | 15:30 Uhr | Glad-House

Trojmezí | Das DreiLand
Regie: Klara Rezničková, ČR 2011, 59 Min.
Der poetische Dokumentarfilm porträtiert eine Landschaft und ihre Bewohner. Ganz im Osten der Tschechischen Republik, unmittelbar an der Grenze zu Polen und der Slowakei, liegt die Region Těšínsko, ein Teil Schlesiens. Die Grenze hat nicht nur die historische Entwicklung der Gegend, sondern auch das Leben der Menschen nachhaltig geprägt.

Sa, 10.11.2018 | 14:00 Uhr | Obenkino

Weitere Informationen und eine Übersicht aller Filmtermine:
www.filmfestivalcottbus.de

Das Programm der Sektion: »Regio: Silesia« des FilmFestival Cottbus 2018 ist eine inhaltliche Kooperation mit Silesia-Film und wird gefördert vom Deutschen Kulturforum östliches Europa und von der Stiftung für deutsch-polnische Zusammenarbeit