Von Reinhard Amler
»Zehn Jahre hat es gedauert, die Ausstellung Pommern im 20. Jahrhundert zu konzipieren«,
sagt Museumsdirektor Dr. Uwe Schröder. In Zahlen bietet sie 548 Exponate plus 15 Medienstationen auf 310 Quadratmetern Fläche.
»Wir lassen sehr viele Zeitzeugen zu Wort kommen«, erklärt der Museumsdirektor. Dabei sei es aufwendig gewesen, diese ausfindig zu machen. »Durch die Wirren des 20. Jahrhunderts leben sie heute auf der ganzen Welt, in Argentinien, Kanada, England oder Israel.« Ebenfalls fallen viele persönliche Ausstellungsstücke auf und machen die Schau authentisch.
In einer Vitrine befindet sich etwa das Fragment einer auf London abgeschossenen V2-Rakete. Zwei Bauernjungen hatten das Blechteil von Hitlers »Wunderwaffe« auf einem Feld unweit der englischen Hauptstadt gefunden. Hochbetagt brachten sie es 2015 zurück nach Peenemünde, wo die Nationalsozialisten die Rakete einst entwickelt hatten. An anderer Stelle steht eine blecherne Milchkanne symbolisch für die Vertreibung der Deutschen aus Hinterpommern nach dem Zweiten Weltkrieg. Das Gefäß war 2007 bei Räumarbeiten auf einem Friedhof in Lebafelde/Żarnowska im heutigen Polen gefunden worden. Es war bis oben mit Textilien gefüllt. Symbolisch für die jahrzehntelange Teilung Pommerns nach dem Zweiten Weltkrieg werden jene Grenzpfähle gezeigt, die bis 2007 die Ostseebäder Ahlbeck und Swinemünde trennten. »Es sind die Originale«, wie Schröder betont. Mit dem Beitritt Polens zum Schengener Raum verschwanden sie, wie auch der rostige Zaun am Strand, der – heute unvorstellbar – bis in die Ostsee hineinragte.
Die Ausstellung ist übersichtlich gegliedert. Die Nachkriegsepoche bringt es auf drei Abschnitte: Pommern in der DDR, in der Bundesrepublik und Hinterpommern in Polen. Eindrucksvoll ist dabei der Blick in eine Heimatstube, die im hessischen Korbach die Erinnerung wachhalten sollte. In der DDR undenkbar – hier war Pommern nicht nur aus dem Wortschatz, sondern auch aus dem Bewusstsein der Menschen gestrichen worden. Erinnert wird an viele einschneidende Ereignisse aus jener Zeit, wie die »Aktion Rose«, bei der private Hotels und Pensionen Anfang der 1950er Jahre enteignet wurden. Exemplarisch für Hinterpommern und den heute polnischen Teil Vorpommerns mit der Hauptstadt Stettin/Szczecin steht das Motorrad »Junak«. Die polnische Harley Davidson, wie Kurator Gunter Dehnert das Krad scherzhaft bezeichnet, wurde nach dem Krieg in den ehemaligen Stoewer-Werken gebaut. Stoewer war vor 1945 ein Vorzeigebetrieb in Stettin: Hier entstanden Nähmaschinen, Fahrräder und Autos.
Mit der neuen Dauerausstellung möchte das Landesmuseum vor allem junge Leute anlocken, um sie für die pommersche Geschichte zu begeistern, erklärt Museumssprecherin Julia Kruse. Dazu soll es bald auch eine App, einen Katalog und viele Veranstaltungen geben.
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Pommersches Landesmuseum
Rakower Straße 9, 17489 Greifswald
Dienstag bis Sonntag
10:00 – 18:00 Uhr