Kulturelle Vielfalt aus dem Orient und Okzident am Schwarzen Meer
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Burgruine Enisala. Foto: Pixabay, AlPetrea
Regionenkarte Dobrudscha. Karte: Blochplan, © DKF 2021Dobrudscha. Karte: Blochplan
© Deutsches Kulturforum östliches Europa, 2021

Bulgarisch-rumänische Grenzregion

Die Dobrudscha (rumän. Dobrogea, bulg. Добруджа [Dobrudža], türk. Dobruca) grenzt im Osten an das Schwarze Meer und reicht vom Donaudelta bis zur Stadt Balčic. Im Westen bildet die Donau von Tutrakan bis Galați eine natürliche Grenze. Die Region wird in die Norddobrduscha, die zu Rumänien gehört, und in die Süddobrudscha, die von Bulgarien verwaltet wird, unterteilt. Zur Herkunft des Namens »Dobrudscha« gibt es verschiedene Theorien. Sie reichen vom kumanischen Herrschergeschlecht Dobrotič bis zur slawischen Bezeichnung eines Eichenhains.

Geschichte seit der Antike

Seit der Antike haben sich in der Dobrudscha viele verschiedene Völker niedergelassen: von den Geten und Skythen über die Griechen und Römer bis hin zu den Osmanen und Walachen. Im 7. Jahrhundert wurde die Region zum Kerngebiet des Bulgarischen Reiches. Nach zwischenzeitlicher byzantinischer Besetzung war das Gebiet im 12. und 13. Jahrhundert auch Teil des Zweiten Bulgarischen Reiches, ehe es 1393 unter osmanische Herrschaft fiel. Bis in das 17. Jahrhundert wurde die Dobrudscha damit überwiegend von Türken und Tataren bewohnt. Seit Anfang des 19. Jahrhunderts gab es russische Einwanderungswellen in die Gebiete an der Donau und am Schwarzen Meer und seit Mitte desselben Jahrhunderts wanderten auch drei bis vier deutsche Siedlungswellen über die Dobrudscha. Sie kamen meist aus anderen östlichen deutschen Gebieten und hatten dem sogenannten »Kolonisation-Reglement für die Türkei« Folge zu leisten.

Der Berliner Kongress von 1878 teilte schließlich Rumänien die Norddobrudscha zu und Bulgarien die deutlich kleinere Süddobrudscha, sodass die Region in den folgenden 100 Jahren immer wieder Auseinandersetzungen zwischen den beiden Nationen ausgesetzt war. Erst der Vertrag von Craiova konnte 1940 mit einem geregelten Grenzverlauf für etwas Ruhe sorgen. Aufgrund eines Abkommens zwischen Rumänien und dem Deutschen Reich wurden etwa zur selben Zeit rund 14.000 Dobrudschadeutsche in den Warthegau sowie nach Böhmen und Mähren umgesiedelt.

Mangelnde Infrastruktur

Zur Zeit des Osmanischen Reiches führte eine wichtige Handelsroute durch die Dobrudscha. Die Bevölkerung lebte überwiegend von der Landwirtschaft. Erst nach dem Ersten Weltkrieg wurden einige Unternehmen gegründet und die Industrie begann zu wachsen. Heute lebt die Bevölkerung vor allem vom Schiffsbau und den Erzeugnissen der Landwirtschaft. Ein weiterer Wirtschaftsfaktor ist der Tourismus, die Region leidet jedoch unter einer schwachen Infrastruktur.

Zwischen Orient und Okzident

Die Ansiedlung zahlreicher Völker über viele Jahrhunderte hinterließ in der Dobrudscha zunächst einen Reichtum an Kulturen und Religionen vom Orient bis zum Okzident. Im Zuge des Vertrags von Craiova fand jedoch ein Bevölkerungsaustausch statt, sodass im Norden überwiegend Rumänen und im Süden größtenteils Bulgaren leben. Die deutsche Bevölkerung war jedoch ein ganzes Jahrhundert lang von anderen deutschen Siedlungsgebieten abgeschnitten und hatte es daher als Minderheit besonders schwer, ihre Kultur zu erhalten. Dennoch schafften sie es, dass ihre Bräuche und vor allem ihre Mundart bis zur Umsiedlung 1940 kaum äußere Einflüsse aufwiesen.

In den größeren Städten wie Konstanza und Tulcea gibt es heute interessante historische, archäologische und ethnographische Museen. Sie zeigen wertvolle Sammlungen, die für die Region von großer Bedeutung sind – von der Steinzeit bis heute.

Hoffnung durch EU-Beitritt

Die Romulus-und-Remus-Statue in KonstanzaDie Romulus-und-Remus-Statue in Konstanza

Die Beziehungen zwischen Rumänien und Bulgarien, auf deren Gebieten die Dobrudscha liegt, waren lange Zeit angespannt. Seit dem Beitritt der beiden Länder zur Europäischen Union im Jahr 2007 bessert sich das Verhältnis und bietet möglicherweise eine Gelegenheit zur Zusammenarbeit und zu Investitionen in eben diesem historisch bedeutungsvollen Gebiet der Dobrudschat.

Unser Tipp

Friedhof für die gefallenen deutschen Soldaten des Ersten Weltkrieges in KonstanzaFriedhof für die gefallenen deutschen Soldaten des Ersten Weltkrieges in Konstanza

In Konstanza gibt es einen Friedhof, auf dem die gefallenen deutschen Soldaten des Ersten Weltkriegs liegen, darunter auch Dobrudschadeutsche. Sie waren unter rumänischer Herrschaft seit 1888 militärpflichtig. Mit der rumänischen Gesamtmobilmachung 1916 wurden zahlreiche Dobrudschadeutsche eingezogen, die damit rechnen mussten, gegen deutsche Soldaten kämpfen zu müssen oder in deutsche Kriegsgefangenschaft zu geraten.

Literatur & Links

Josef Sallanz: Dobrudscha. Deutsche Siedler zwischen Donau und Schwarzem Meer. Deutsches Kulturforum östliches Europa, Potsdam 2020

Paul Traeger: Die Deutschen in der Dobrudscha. Halle (Saale) 2012 (Original: Stuttgart 1922).

Irina Bajdechi: Die deutsche Gemeinschaft aus der Dobrudscha. Ihre Beziehungen mit den anderen Institutionen. Vergangenheit, Gegenwart und Perspektiven. Universität Bukarest 2010 (Unveröff. Bachelorarbeit).

Dirk Jachomowski: Die Umsiedlung der Bessarabien-, Bukowina- und Dobrudschadeutschen. Von der Volksgruppe in Rumänien zur »Siedlungsbrücke« an der Reichsgrenze. München 1984 (Buchreihe der Südostdeutschen Historischen Kommission 32).

Alfred Meschendörfer: Der Büffelbrunnen, München 1935.

Wilfried Heller, Josef Sallanz (Hg.): Die Dobrudscha. Ein neuer Grenzraum der Europäischen Union. Sozioökonomische, ethnische, politisch-geographische und ökologische Probleme. München, Berlin 2009 (Südosteuropa-Studien 76).

Gustav Rückert: Das erste Bier aus Konstanza. In: Allgemeine Deutsche Zeitung für Rumänien

Josef Sallanz: Bedeutungswandel von Ethnizität unter dem Einfluss von Globalisierung. Die rumänische Dobrudscha als Beispiel. Potsdam 2007 (Potsdamer Geographische Forschungen 26)

Thomas Schares: Dobrudscha, Eintrag im online-Lexikon des Bundesinstituts für Kultur und Geschichte der Deutschen im östlichen Europa

Andrea Schmidt-Rösler: Die deutschen evangelischen Gemeinden in der Dobrudscha. In: Christa Stache, Wolfram G. Theilemann (Hg.): Evangelisch in Altrumänien. Forschungen und Quellen zur Geschichte der deutschsprachigen evangelischen Kirchengemeinden im rumänischen Regat. Sibiu, Bonn 2012 (Veröffentlichungen des evangelischen Zentralarchivs in Berlin 9), S. 98-121.

 

OME-Lexikon: Dobrudscha

 

www.bessarabien.de
Dobrudscha – Geschichte und deutsche Besiedelung