Neue Dauerausstellung des Dokumentations- und Informationszentrums im Haus Schlesien. Eine Rezension von Vera Schneider
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© Renate Zöller
Dokumentations- und Ausstellungszentrum der Deutschen in Polen. © Ausstellungszentrum der DMi, Facebook Zum Artikel:
Geschichte der Deutschen auf 250 Quadratmetern
Das neue Dokumentations- und Ausstellungszentrum der Deutschen in Oppeln/Opole, Polen
Von Dawid Smolorz

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Reif fürs Museum? Das mag rückwärtsgewandt klingen, kann aber auch ein Ticket in die Zukunft sein. Ob Fluchtkoffer, Zinnsoldaten, Bergmannsuniformen oder Bunzlauer Geschirr künftige Generationen in eine Ausstellung locken, hängt davon ab, wie ihre Geschichte erzählt wird. Ein vielversprechender Ansatz nachhaltiger Erinnerungskultur kommt aus Königswinter-Heisterbacherott.

Dort zeigt das Haus Schlesien nach zweijähriger Umbauphase eine neue Dauerausstellung mit rund dreihundert Exponaten – die meisten aus dem Bestand des im Hause ansässigen Dokumentations- und Informationszentrums für schlesische Landeskunde (DIZ): Interaktive Mitmach- und Medienstationen bringen den Besucherinnen und Besuchern die konfliktreiche tausendjährige Geschichte Schlesiens und seiner Menschen nahe. Mittels modernster Audio- und Videotechnik kann jede oder jeder selbst entscheiden, wie viele Hintergrund- und Zusatzinformationen gerade gewünscht sind. Die Vorteile digitaler Ausstellungspräsentation werden ergänzt durch analoge Angebote für alle Sinne, die stets auch einen Hintersinn haben. Was etwa als riesiges Puzzle daherkommt, ist eigentlich ein interaktives Kunstwerk zum Anfassen: City in process zerlegt die Geschichte von Breslau/Wrocław in Tausende kleine Fragmente. Die Herausforderung, daraus wieder ein Bild der Stadt zu erschaffen, wird niemand allein und während eines einzigen Ausstellungsbesuchs meistern. Das Puzzle der Geschichte erfordert Geduld und Zusammenarbeit.

All dieser Aufwand – über 1,8 Millionen Euro sind in die Neugestaltung geflossen, 1,6 Millionen davon aus Bundesmitteln – würde jedoch sein Ziel verfehlen, wäre das Gesamtkonzept nicht überzeugend. Die Idee einer Erinnerungslandschaft, die aus acht begehbaren Häusern besteht, erweist sich dabei als schlüssiges Organisationsprinzip für die Fülle an Objekten und Informationen. Die thematische Gliederung spiegelt sich auch in der Architektur der 300 m2 umfassenden Räume: Die Einpassung der acht »Häuser« in die vorhandene Dachkonstruktion schafft überschaubare Einheiten und sorgt gleichzeitig für optische Durchlässigkeit.

Und was sich schon im Eingangsbereich abzeichnet – dort kombiniert eine große interaktive Schlesienkarte die wechselnden territorialen Zugehörigkeiten der Region mit individuellen Lebenswegen – setzt sich über die Hörstationen mit Zeitzeugenberichten bis hin zur Pinnwand mit Suchanzeigen fort: Im Mittelpunkt dieser Geschichtslektion stehen menschliche Schicksale, die uns auch in Zukunft bewegen werden – nicht zuletzt angesichts der Tatsache, dass aktuell wieder Millionen unfreiwillig ihre Heimat verlassen.

Dokumentations- und Informationszentrums im Haus Schlesien
Dollendorfer Straße 412, 53639 Königswinter
Di–Fr 10–17 Uhr, Sa, So, Feiertage 11–18 Uhr, Eintritt frei

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Titelblatt: KK – Kulturkorrespondenz östliches Europa | Ausgabe: Nr. 1431: Juli/August 2022Der Artikel erschien im Magazin
KK – Kulturkorrespondenz östliches Europa
Ausgabe Nr 1431 | September/Oktober 2022

mit dem Schwerpunktthema:
Stadt. Land. Fluss. Memel(Land)