Kulturkorrespondenz östliches Europa – Ausgabe 1431
Ausgabe September/Oktober 2022
Titelblatt der KK 1431 | September/Oktober 2022

Editorial

Drei Ruten hat der Angler aufgestellt und wartet auf einem Eimer sitzend auf seinen Fang. Vor ihm fließt idyllisch ruhig die Memel/Nemunas. Mit solch einer Szene könnten auch Texte von Johannes Bobrowski beginnen, die das beschaulich-einfache Leben im Memelland beschreiben. Doch ganz so idyllisch ist die Realität nicht. Am anderen Flussufer der Memel liegt der Oblast Kaliningrad der russischen Föderation. Gleich wird die Grenzschutzpolizei vorbeifahren und die Memel – zum Ärger des Anglers – in leichten Wellengang versetzen. Vor der Pandemie konnte man noch mit einem kostenlosen Visum auf die russische Seite Ostpreußens übersetzen, natürlich über einen offiziellen Grenzübergang. Corona und nun der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine haben den Grenzverkehr stark eingeschränkt.

Das Titelbild hat KK-Redakteur Markus Nowak an einem frühen Sommermorgen in Schmalleningken/Smalininkai aufgenommen. Entlang der Memel quer durchs Memelland führte ihn eine Radtour. In seinem Beitrag schreibt er über die Höhepunkte seiner 358 Kilometer langen Radreise.

Wenn wir so oft über die Memel und das Memelland sprechen und den Fluss auf dem Titel haben, dann halten Sie ein besonderes KK-Heft in der Hand: Stadt. Land. Fluss. Memel(land) haben wir die Ausgabe getauft. Wie das gleichnamige beliebte Spiel nimmt sie neben der Landschaft und dem Gewässer auch die Stadt Memel in den Blick. In diesem Jahr liegt mit Kaunas eine der drei Europäischen Kulturhauptstädte an der Memel, was das Kulturforum zum Anlass nahm, mit Sonya Winterberg eine Stadtschreiberin nach Memel/Klaipėda zu entsenden. Ihren spannenden Blog können Sie hier lesen: wwww.stadtschreiberin-memel.de.

Im vorliegenden Heft schreibt Alexander Welscher, Baltikum-Korrespondent der Deutschen Presse-Agentur, über die Bernsteinvorkommen im Memelland und wie das »Gold der Ostsee« von Kazimieras Mizgiris nach stürmischen Nächten »geerntet« wird. KK-Kollegin Susanne Šemelė begab sich an die Grenze des Memellandes nach Georgenburg/Jurbarkas, wo sie den jüdischen Friedhof besuchte. Ihr Beitrag vermittelt uns die Geschichte der Jüdinnen und Juden in der Region.

Jörn Barfod, stellvertretender Direktor am Ostpreußischen Landesmuseum in Lüneburg, präsentiert die deutsche Malerei des Memellandes – jenseits der Künstlerkolonie Nidden. Die Vorsitzende des dortigen Thomas-Mann- Kulturzentrums, die Kunsthistorikerin Irena Vaišvilaitė, spricht im Interview ebenfalls über Kunst und Kultur, aber auch über die Identität der heutigen Bewohnerinnen und Bewohner.

Hoch hinaus geht es – im Gegensatz zum flachen Memelland – in dem Beitrag des Autorentrios Christine Bayer, Otto Malik und Christine Penn. Alle drei sind wanderaffin und verraten, was hinter dem Namen der Reichenberger Hütte in den Tiroler Alpen steht. Lesenswert, wie wir finden. Überzeugen Sie sich selbst.

Ihre Redaktion

Inhalt


Im Fokus

Momente I
Das Gold der Ostsee

Baltischer Bernstein
Von Alexander Welscher

Perspektiven
Das Memelland erfahren
Entlang der Memel bis nach Memel
Von Markus Nowak

Neuigkeiten

Epochen I
Die Geschichten hinter den mystischen Buchstaben
Jüdisches Memelland
Von Susanne Šemelė

Im Gespräch
»Die litauische Identität des Memellandes ist noch im Entstehen«
Interview mit Irena Vaišvilaitė
Von Markus Nowak

Rezensionen

Hüter der Stille und Streiter gegen den Lärm
Klaus Weigelt: Schweigen und Sprache. Literarische Begegnungen mit Ernst Wiechert
Von Dieter Göllner

Gelungener Start in eine museale Zukunft
Neue Dauerausstellung des Dokumentations- und Informationszentrums im Haus Schlesien
Von Vera Schneider

Fotos, die Geschichten erzählen
Thomas Heller: Siebenbürgen süße Heimat. Bildband
Von Ingeborg Szöllösi

Momente II
Wandernde Böhmen und Mährer in den Tiroler Alpen
Von Christine Bayer, Otto Malik und Christine Penn

Epochen II
Maler im Memelland
Von Jörn Barfod

Veranstaltungen

Fundstück